Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine unverschuldete Unkenntnis über die Ausschlussfrist zur (formulargebundenen) Antragsveranlagung bei berufsmäßigem Vertreter in Steuersachen
Leitsatz (redaktionell)
Wiedereinsetzung wegen Versäumung der zweijährigen Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung kann mangels Inanspruchnahme schutzwürdigen Vertrauens nicht deshalb gewährt werden, weil die Finanzbehörde zunächst in Unkenntnis der Verhältnisse einen Schätzungsbescheid erlassen und sodann im Einspruchsverfahren aufgrund der nach Ablauf der Antragsfrist eingegangenen Steuererklärung ersatzlos aufgehoben hat.
Normenkette
EStG § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2; AO § 110 Abs. 1 S. 1, § 150 Abs. 1, § 162
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Versäumung der Frist zur Antragsveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG).
Der Kläger erzielte im Veranlagungszeitraum 2000 u.a. Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit bei einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Die Kläger wurden mit Bescheid vom 28.11.2002 zur Einkommensteuer 2000 veranlagt. Dabei schätzte der Beklagte mangels Abgabe einer Steuererklärung die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abgabenordnung (AO). Zugleich setzte er wegen der Nichtabgabe der Steuererklärung einen Verspätungszuschlag in Höhe von 255,65 € fest. Gegen diesen Schätzungsbescheid legten die Kläger am 27.12.2002 Einspruch ein. Darin führten sie aus, bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung werde sich ein Verlust von rd. 50.000 DM ergeben, der nach § 2 Abs. 3 EStG voll ausgleichsfähig sei. Die Einkommensteuererklärung werde noch in dieser Woche zur abschließenden Einspruchsbegründung eingereicht. Gleichzeitig beantragten die Kläger Aussetzung der Vollziehung.
Mit einem auf den 3.1.2003 datierenden Schriftsatz forderte der Beklagte die Kläger zur weiteren Begründung ihres Einspruchs bis zum 31.1.2003 auf, die Einkommensteuererklärung einzureichen. Dieses Schreiben überschnitt sich mit der am selben Tag, nämlich am Freitag, dem 3.1.2003, eingegangenen Einkommensteuererklärung. Am 6.1.2003 setzte der Beklagte die Vollziehung des Schätzungsbescheids aus. Inhaltlich führte die Auswertung der von den Klägern eingereichten Steuererklärung zu folgenden Feststellungen: Die Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte der Kläger, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, war im Veranlagungszeitraum 2000 negativ. Neben Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit des Klägers in Höhe von 9.047 DM, Kapitaleinkünften der Kläger in Höhe von insgesamt ca. 10.000 DM erzielten sie Einkünfte aus Vermietung in Höhe von insgesamt ca. ./. 50.000 DM.
Am 22.1.2003 teilte der Beklagte den Klägern mit, es sei beabsichtigt, den Schätzungsbescheid aufzuheben. Eine Antragsveranlagung komme wegen Fristversäumnis nicht in Betracht. Dagegen wandten sich die Kläger mit dem Schriftsatz vom 5.2.2003, in dem sie zugleich - vorsorglich - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragten.
Am 7.3.2003 hob der Beklagte den Schätzungsbescheid ersatzlos auf und verfügte, dass eine Veranlagung zur Einkommensteuer 2000 nicht durchgeführt werde. Den dagegen eingelegten Einspruch vom 16.3.2003 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8.7.2003 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger vortragen:
Es sei zwar zutreffend, dass für den Veranlagungszeitraum 2000 eine Antragsveranlagung durchzuführen sei. Die Durchführung derselben hätten sie jedoch rechtzeitig vor Ablauf der Frist beim Beklagten beantragt. Das Einspruchsschreiben vom 27.12.2002 sei als ein solcher Antrag anzusehen. Unter Berücksichtigung des Zwecks des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG seien keine zu strengen formalen Voraussetzungen an einen solchen Antrag zu stellen. Aus dem Einspruchsschreiben gehe ihr Begehren eindeutig hervor. Die außer acht gelassenen Einkünfte seien überschlägig ermittelt und die Besteuerungsgrundlagen angegeben worden. Der Abgabe des ausgefüllten amtlichen Formulars habe es insoweit nicht bedurft.
Selbst wenn man von einer Fristversäumnis ausginge, sei jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Antragsfrist sei einer Wiedereinsetzung zugängig. Diese Frist hätten sie unverschuldet versäumt. Zum einen hätten sie keine Kenntnis von der Frist gehabt. Anderenfalls hätten sie unmittelbar mit dem Einspruchsschreiben die Erklärung abgegeben. Zum anderen könne sich der Beklagte ihnen gegenüber nicht auf die Fristversäumnis berufen. Dies sei nämlich treuwidrig. Der Beklagte habe sie ausdrücklich zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert und einen Verspätungszuschlag festgesetzt. Er habe damit zum Ausdruck gebracht, dass eine Veranlagung von Amts wegen erfolgen werde und ein Antrag nicht gestellt werden müsse.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 7.3.2003 in der Fassung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, für das Streitjahr 2000 eine Veranlagung zur E...