rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung der Gesetzeslage lässt die Bindungswirkung einer Lohnsteueranrufungsauskunft entfallen
Leitsatz (redaktionell)
Die Bindungswirkung einer Lohnsteueranrufungsauskunft entfällt, wenn sich die der Auskunft zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften ändern. Eines förmlichen Widerrufs oder einer Mitteilung an den Steuerpflichtigen bedarf es in diesem Fall nicht.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 42e
Streitjahr(e)
1996, 1997, 1998
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheids und eines Lohnsteuernachforderungsbescheids.
Die Klägerin betreibt einen Großhandel mit Werkzeugen. Sie stellte im Streitzeitraum einigen ihrer Arbeitnehmer jeweils ein Firmenfahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung. Den privaten Nutzungsanteil ermittelte sie seit 1981 durch Abzug der dienstlich gefahrenen Kilometer von den Gesamtkilometern. In einer Anrufungsauskunft vom 06.04.1988 wurde der Klägerin diese Ermittlungsmethode als ordnungsgemäß bestätigt. Daneben erstattete die Klägerin einigen Arbeitnehmern die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und behandelte diese Zahlungen nach § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz - EStG - als steuerfrei. Die Handhabung sowohl der privaten Kraftfahrzeugnutzung als auch der Fahrtkostenerstattung wurde vom Beklagten - dem Finanzamt (FA) - bei mehreren Lohnsteueraußenprüfungen, zuletzt im Jahr 1994, nicht beanstandet.
Anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 kam es dann zum Streit über die folgenden Punkte:
1. Private Kfz-Nutzung
Der Beklagte war der Auffassung, die private Kfz-Nutzung der Arbeitnehmer sei auf der Grundlage der 1%-Regelung als geldwerter Vorteil der Lohnsteuer zu unterwerfen. Denn mit Einführung der 1%-Regelung durch das Steueränderungsgesetz zum 01.01.1996 sei die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils nur noch durch die Führung eines Fahrtenbuchs oder anhand der 1%-Regelung möglich. Eine Ermittlung des privaten Nutzungsanteils durch andere Methoden käme daneben nicht mehr in Betracht.
2. Steuerfreie Fahrgelderstattungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Der Prüfer stellte fest, dass keine Nachweise über die Höhe der den Arbeitnehmern entstandenen Aufwendungen geführt wurden. Zudem fehlte es an einer Erklärung der Arbeitnehmer als Beleg zum Lohnkonto, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum ihnen Aufwendungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln entstanden waren. Die Fahrtkostenerstattungen von insgesamt 8.601,00 DM wurden daher nach § 40 Abs. 2 EStG der (pauschalierten) Lohnsteuer unterworfen.
Auf dieser Grundlage ergingen am 12.03.1999 ein auf § 42d EStG gestützter Lohnsteuerhaftungsbescheid in Höhe von 24.618,08 DM sowie ein Lohnsteuernachforderungsbescheid in Höhe von 1.477,22 DM. Gegen den Haftungs- und den Nachforderungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.03.1999 Einspruch ein. Dabei führte sie an, eine Besteuerung des geldwerten Vorteils anhand der 1%-Regelung komme nicht in Betracht, weil die bisherige Handhabung der Ermittlung des privaten Nutzungsanteils durch die Lohnsteueranrufungsauskunft vom 06.04.1988 positiv beschieden und auch im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung im Jahre 1994 durch den gleichen Lohnsteueraußenprüfer nicht beanstandet worden sei. Sie habe auf die über Jahre vom Beklagten gebilligte Praxis vertraut. Was die Nachversteuerung der Erstattungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angehe, sei diese Frage bereits Gegen-stand der Lohnsteueraußenprüfung im April 1994 gewesen und habe zu keinen Beanstandungen geführt. Sie habe daraufhin die nunmehr vom Lohnsteueraußenprüfer geforderten Aufzeichnungen nicht geführt und die erforderlichen Belege nicht aufbewahrt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 04.02.2000 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er führte aus, ab dem 01.01.1996 bestehe eine Bindungswirkung an die Anrufungsauskunft vom 06.04.1988 nicht mehr, da sich ab diesem Zeitpunkt die gesetzliche Rechtslage geändert habe. Während in den Jahren vor 1996 die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils durch ein Fahrtenbuch, nicht gesetzlich geregelter 1%-Regelung oder durch andere Schätzungsmaßstäbe möglich gewesen sei, sei dies nach gesetzlicher Einführung der 1%-Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG ab dem 01.01.1996 nicht mehr der Fall. Die Wirkung der Anrufungsauskunft vom 06.04.1988 erlösche daher mit Änderung der Gesetzeslage zum 01.01.1996. Zudem sei auch zu berücksichtigen, dass die in der Anrufungsauskunft bestätigte Verfahrensweise letztlich auch unter keine der unter der alten Rechtslage zugelassenen Schätzungsmethoden gefallen sei und schon damals eine großzügige Auslegung der möglichen Ermittlungsmethoden dargestellt habe.
Mit ihrer dagegen erhobenen Klage hält die Klägerin weiterhin daran fest, durch die Bindungswirkung der Lohnsteueranrufungsauskunft seien eine andere Ermittlung des privaten Nutzungsanteils und eine Berufung auf die 1%-Regelung durch den ...