Entscheidungsstichwort (Thema)
Lotto-Servicegesellschaft: Abführung der Spieleinsatzanteile an Treuhänder
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Lotto-Servicegesellschaft, die unter Einschaltung eines Treuhänders Spielgemeinschaften zur Teilnahme an den Ausspielungen des deutschen Lotto- und Totoblocks mit von ihr entwickelten Systemreihen organisiert, kann die an den Treuhänder abzuführenden Spieleinsatz-Anteile nicht als gewinnneutrales Treugut behandeln, wenn sie bei deren Vereinnahmung die klare Trennung von Treugut und Eigenvermögen nicht beachtet und die Mitspieler nach Leistung ihrer Einsatzzahlung keinen Einfluss mehr auf das weitere Geschehen und keinen Anspruch auf Rückzahlung haben.
- Die Spieleinsatz-Anteile sind mangels betrieblicher Veranlassung des Abflusses auch nicht als Betriebsausgaben gewinnmindernd bzw. als „durchlaufender Posten” gewinnneutral auf Grund der Aktivierung und Passivierung gleich hoher Wertzugänge und Wertabgänge zu berücksichtigen, wenn die Servicegesellschaft in 98 v. H. der Fälle den Treuhänder anweist, vertragswidrig keine Lottoscheine zu erwerben, und die sich hieraus ergebende Verpflichtung gegenüber den Mitspielern zum Ersatz entgangener Spielgewinne allein bei ihr liegt.
- Rückstellungen wegen Steuernachforderungen sind bereits vor Abschluss einer Betriebs- oder Fahndungsprüfung zu bilden, wenn der Steuerpflichtige am Bilanzstichtag auf Grund eines hinreichend konkreten Sachverhalts ernsthaft mit quantifizierbaren Steuernachforderungen rechnen muss.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 1; AO § 39 Abs. 2, § 159; HGB § 249 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Lotto-Servicegesellschaft in der Rechtsform einer GmbH Co. KG. Nach dem Handelsregisterauszug des Amtsgerichts A-Stadt (HRA xxxxx) firmierte die Klägerin zu Beginn am 18.02.2000 unter der Firma „Lotto A & Co. Fonds KG”, ab dem 05.03.2001 unter „Lotto B und Co. KG” und ab dem 17.10.2003 unter „Lotto C & Co. KG”. Im März 2000 übernahm die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb von der Firma „Lotto D & Co. KG”.
Komplementärin der Klägerin ist die Lotto A mit Sitz in den Niederlanden. Alleinvertretungsberechtigter Direktor der Komplementärin ist Herr Z. Kommanditistin der Klägerin war die Beigeladene, die Lotto E GmbH & Co. KG (vormals Lotto F GmbH & Co. KG), A-Stadt, die im Jahr 2006 ausgeschieden ist.
Die Klägerin organisiert unter der Bezeichnung „Lotto” Spielgemeinschaften zur Teilnahme an den wöchentlichen Ausspielungen des deutschen Lotto- und Totoblocks mit von ihr entwickelten Systemreihen (Zahlenkombinationen), welche für die in Spielgemeinschaften verbundenen Mitspieler einzusetzen sind.
Gemäß Ziff. 7 der Teilnahmebedingungen (allgemeine Geschäftsbedingungen) erteilen die Mitspieler der Gesellschaft unter Befreiung von § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Vollmacht, im Namen der Mitspieler Gesellschaftsverträge zur Gründung von BGB-Spielgemeinschaften, den Treuhandvertrag für die Spieler/die Spielgemeinschaften mit dem Treuhänder und einen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Spieler, den Spielgemeinschaften und sich selbst abzuschließen.
Das Vertragsverhältnis mit dem Spieler wird mit der Einzahlung des Spielbetrages auf ein Einzahlungskonto begründet. Nach § 2 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages sind die auf dem Einzahlungskonto eingehenden Beträge wie folgt zu verwenden:
44,8 v. H. für Vertragserfüllung an die Treuhandgesellschaft,
36,0 v. H. für die Spielvermittlung und
19,2 v. H. für Serviceleistungen und Konzeption der Spielmöglichkeiten.
Gemäß Ziff. 8 der Teilnahmebedingungen beauftragen die Mitspieler einen von der Gesellschaft bestellten Treuhänder im eigenen Namen, aber für Rechnung der Spielgemeinschaft, den Spielvertrag mit den Lottogemeinschaften über deren Annahmestellen abzuschließen, die Lottoscheine in Verwahrung zu nehmen, etwaige Gewinne für die Spielgemeinschaft gegenüber der Lottogesellschaft geltend zu machen, diese entgegenzunehmen und einem Treuhandkonto zuzuführen, sowie die Gewinne schließlich an die Mitspieler auszuzahlen.
Nach Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen ist die Klägerin für den Fall, dass nicht alle Anteile an einer Spielgemeinschaft an Mitspieler vergeben werden können, berechtigt, sich selbst an der Spielgemeinschaft zu beteiligen und/oder den bestellten Treuhänder anzuweisen, für diese Spielgemeinschaft keinen Spielvertrag mit den Lottogesellschaften abzuschließen. Für den zuletzt genannten Fall soll der Mitspieler „auf andere Weise an Ersatz gelangen”. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der allgemeinen Geschäftsbedingungen Bezug genommen.
Treuhänder war nach den vorliegenden Treuhandverträgen vom 24.01.2000 die Lotto G und vom 03.09.2001 bzw. 02.07.2002 die Lotto H. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in den Niederlanden. Die Treuhandgesellschaften wurden bei Abschluss der Treuhandverträge jeweils von Herrn Z. vertreten. In § 1 B und D der jeweiligen Treuh...