Entscheidungsstichwort (Thema)
Wesentliche Beteiligung innerhalb der Fünf-Jahres-Frist bei Anteilsveräußerung i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Steuerpflichtiger war innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1, 4 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 an der Gesellschaft beteiligt, wenn seine Beteiligung mit Beginn des Jahres 1999 bis zum Zeitpunkt der Veräußerung im April 2000 die seinerzeit maßgebliche 10 %-Schwelle nicht erreichte und in den Jahren vor 1999 unterhalb der Beteiligungsgrenze von mehr als 25 % lag.
- Das Tatbestandsmerkmal der Überschreitung der Wesentlichkeitsgrenze innerhalb des fünfjährigen Betrachtungszeitraums ist nicht stichtagsbezogen nach der im Jahr der Veräußerung geltenden Wesentlichkeitsgrenze, sondern veranlagungszeitraumbezogen auszulegen, also für jeden abgeschlossenen Veranlagungszeitraum nach der in diesem Veranlagungszeitraum jeweils geltenden Beteiligungsgrenze zu bestimmen.
Normenkette
EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 17 Abs. 1 S. 1; EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 17 Abs. 1 S. 4; EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 § 52 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit eines Aktienverkaufs.
Die Klägerin wurde im Streitjahr 2000 getrennt von ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt und erzielte Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung.
Die Klägerin war Gesellschafterin der „A” Holding GbR, die im April 1995 durch Ausscheiden der „A” GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin aus der „A” GmbH & Co. Holding KG hervorgegangen war. Die Gesellschaft hielt nicht an der Börse gehandelte Anteile (Stammaktien) an der börsennotierten „A” AG. Die „A” AG war im Jahr 1988 durch Formwechsel der „A” GmbH entstanden, die wiederum aus der Verschmelzung verschiedener Kapitalgesellschaften der Gruppe hervorgegangen war. An der „A” Holding GbR war die Klägerin ursprünglich mit 24 % und nach einem Verkauf von Anteile an „B” am 31. Juli 1998 mit 19,8 % beteiligt. Die der Klägerin über ihre Beteiligung an der „A” Holding GbR zuzurechnende Beteiligung am Grundkapital der „A” AG stellte sich – unstreitig – wie folgt dar:
Zeitraum |
Mittelbare Beteiligung der Klägerin an der „A” AG |
Bis Juli 1998 |
15,99 % |
Seit Juli 1998 (nach der Kapitalerhöhung bei der „A” AG) |
11,99 % |
Seit 1. August 1998 (nach dem Teilverkauf an „B”) |
9,8934 % |
Die Umstrukturierung im Jahr 1995 hatte steuerlich einen Übergang der im Betriebsvermögen der „A” Holding GbR gehaltenen Gesellschaftsanteile in das Privatvermögen der Gesellschafter zur Folge, wobei die stillen Reserven im Hinblick auf die Qualifizierung der Anteile als einbringungsgeborene Anteile im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der seinerzeit gültigen Fassung – UmwStG a.F. – nicht aufzudecken waren (vgl. verbindliche Auskunft des beklagten Finanzamts aus dem Jahr 1993, Blatt 122 der Betriebsprüfungsakte (Betriebsprüfungsstelle)). Mit Schreiben vom 16. Mai 1995 hatte die Klägerin den Antrag gestellt, die stillen Reserven, soweit sie auf die ihr gehörenden Stammaktien an der „A” AG entfielen, nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG 1995 aufzudecken und zu versteuern. Dementsprechend war ein Veräußerungsgewinn i. H. v. DM der Besteuerung unterworfen worden.
Im April 2000 veräußerte die „A” Holding GbR sämtliche von ihr gehaltenen Stammaktien der „A” AG an den ausländischen Konzern „D” zum Kaufpreis von ...DM (EUR). Zum Zeitpunkt der Veräußerung war die „A” Holding GbR mit 50 % an dem ..EUR betragenden Aktienpaket, also mit ..EUR, beteiligt. Die „A” Holding GbR hielt ..Stammaktien zu 2 EUR. Auf die Klägerin entfielen ..Stammaktien, d.h. 19,8 % der von der „A” Holding GbR gehaltenen 50 % der Aktienanteile der „A” AG und damit rechnerisch 9,8934 % des Grundkapitals der „A” AG. Dem entsprach ein anteiliger Veräußerungserlös i. H. v. ...DM.
Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –) stehendem Bescheid vom 11. Dezember 2001 wurde die Klägerin im Wesentlichen erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei erfasste der Beklagte keinen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Aufgrund von Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erließ der Beklagte am 4. Juni, 12. Juli und 23. August 2002 Änderungsbescheide nach § 164 Abs. 2 AO. Der Nachprüfungsvorbehalt blieb jeweils bestehen.
Im Jahr 2005 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine steuerliche Außenprüfung für das Jahr 2000 bei der Klägerin durch. Dabei traf die Betriebsprüfung die Feststellung, dass die Klägerin durch die Veräußerung der Anteile an der „A” AG einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 EStG erzielt habe. Eine wesentliche Bete...