Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft eines Vereins
Leitsatz (redaktionell)
- Dass ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern nur in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Zwecke tätig wird, schließt die Annahme eines Leistungsaustauschs und die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft nicht aus.
- Entscheidend ist, ob das Vereinsmitglied einen verbrauchbaren Nutzen erlangt, der auch auf der Grundlage eines Schuldverhältnisses zugewendet werden könnte.
- Besteht die Tätigkeit einer als Verein statuierten Werbegemeinschaft darin, den wirtschaftlichen Interessen der Vereinsmitglieder konkret zugute kommende Marketingmaßnahmen durchzuführen, und erhält sie dafür am Umsatz der Mitglieder orientierte Beiträge sowie einen Festetat eines weiteren (ausländischen) Mitglieds, das den Import der beworbenen Produkte fördern will, ist der für die Annahme eines Leistungsaustauschs notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen Vereinsleistung und Etat- bzw. Beitragszahlung zu bejahen.
Normenkette
UStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 3a Abs. 3, 4 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist u.a., ob der Kläger in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke unternehmerisch tätig ist.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Nach seiner Satzung besteht der Vereinszweck darin, „ohne jede Gewinnabsicht und ohne unternehmerische Tätigkeit nachstehende Ziele und Zwecke” zu verfolgen:
1. Die Förderung und Promotion der „V-Perle” in Deutschland und Österreich durch einen jährlichen Etat, den der Verein aus „U-Land” erhält, sowie durch die Mitgliedsbeiträge.
2. Die Förderung des Verständnisses sowie der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen „U-Land” und dem deutschen Publikum durch Informationen, Ausbildung, Werbung, Ausstellungen und sonstige Dienstleistungen.
3. Die Information aller Mitglieder über wirtschaftliche Möglichkeiten und Gegebenheiten des „U-Land"-Perlen-Marktes.
Mitglied des Klägers kann nach seiner Satzung jede natürliche und juristische Person oder Gesellschaft werden, welche in der Perlen-Branche unternehmerisch tätig ist und über eine „bedeutende” Größe und Marktrelevanz verfügt. Der Jahresmitgliedsbeitrag wird nach Jahresumsatz der jeweiligen Firma errechnet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Satzung (Blatt 33 ff. der Gerichtsakte – GA –) verwiesen.
Mitglieder des Vereins waren in den Streitjahren neben deutschen Perlenhändlern auch die Gesellschaft „Q” mit Sitz in „U-Land”, die – nach Auskunft der Vorsitzenden des Klägers während der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 – einer deutschen Genossenschaft vergleichbar ist und in der sich u. a. Perlenexporteure zusammengeschlossen haben. Der Kläger hat sich in den Streitjahren entsprechend seiner Satzung einmal aus dem so genannten Etat aus „U-Land” – der von der Gesellschaft „Q” bezahlt wurde – und zudem aus Beiträgen der deutschen Mitglieder finanziert. So erhielt der Kläger im Streitjahr 2000 einen Etat aus „U-Land” in Höhe von 409.746,38 DM und Mitgliedsbeiträge in Höhe von 65.000,00 DM. Im Streitjahr 2001 vereinnahmte der Kläger einen Etat aus „U-Land” in Höhe von 81.949,28 DM und Mitgliedsbeiträge in Höhe von 60.000,00 DM.
Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Streitjahre vertrat die Prüferin die Auffassung, dass ein Leistungsaustausch nicht gegeben sei, soweit Vereine wie der Kläger Mitgliederbeiträge vereinnahmten, um in Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke die Gesamtbelange ihrer Mitglieder wahrzunehmen. In Wahrnehmung dieser Aufgaben seien Vereine keine Unternehmer. Da der Kläger die Mitgliederbeiträge sowie den Etat aus „U-Land” in voller Höhe für satzungsgemäße Zwecke verwende, sei ein Leistungsaustausch bezüglich des Etats aus „U-Land” nicht gegeben. Anlässlich der Prüfung sei festgestellt worden, dass der Etat bisher als nicht steuerbarer Umsatz gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. § 3a Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) behandelt worden sei, weil der Leistungsempfänger ein Unternehmer mit Sitz im Ausland sei, so dass der Kläger den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe. Vereinnahmten Vereine neben echten Mitgliederbeiträgen und Zuschüssen auch Entgelte für Lieferungen und sonstige Leistungen, seien sie nur insoweit Unternehmer, als ihre Tätigkeit darauf gerichtet sei, nachhaltig entgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen zu bewirken. Da dies ausdrücklich in der Satzung ausgeschlossen worden sei, sei mangels Leistungsaustauschs kein steuerbarer Umsatz und damit auch kein Vorsteuerabzug gegeben.
Steuerpflichtige Leistungen erbringe der Kläger nur mit dem Versand und Verkauf von Broschüren und Büchern (Promotionsmaterial). Vorsteuerbeträge aus den entsprechenden Eingangsleistungen seien diesen Umsätzen gegebenenfalls zuzuordnen beziehungsweise sachgerecht zu schätzen. Vorsteuerbeträge seien – so die Prüferin – für das Jahr 2000 in Höhe von 1.058,00 DM und für das Jahr 2001 in Höhe von 216,00 DM anzusetzen. De...