Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit von Vorsteuerberichtigungen gem. § 15a UStG aus der Anschaffung von Geldspielgeräten
Leitsatz (redaktionell)
Die Änderung der für den Vorsteuerabzug „maßgebenden Verhältnisse” i. S. d. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG kann auch dadurch eintreten, dass bei tatsächlich gleichbleibenden Verwendungsumsätzen die rechtliche Beurteilung, die der Gewährung des Vorsteuerabzugs im Abzugsjahr zu Grunde lag (hier: Steuerpflicht der Umsätze mit Geldspielgeräten), sich in einem der Folgejahre als unzutreffend erweist, wobei allerdings Voraussetzung ist, dass die Steuerfestsetzung für das Abzugsjahr bestandskräftig und unabänderbar ist (hier: Festsetzungsverjährung).
Normenkette
UStG § 15a Abs. 1 S. 1; AO § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2
Streitjahr(e)
1994, 1995
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist nur noch, ob bei den Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 1994 und 1995 vom Beklagten gemäß § 15 a Umsatzsteuergesetz – UStG – vorgenommene Berichtigungen rechtmäßig sind.
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren insgesamt 4 Spielhallen in „A”, „B” und „C” (2 Hallen). Im Jahr 1998 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch den Beklagten statt, die auch die Umsatzsteuer der Streitjahre betraf. Die Betriebsprüfer vertraten in ihrem Bericht vom 17.06.1998 die Auffassung, dass die Buchführung der Klägerin formell nicht ordnungsgemäß sei, weil für den gesamten Prüfungszeitraum kein einziger Druckstreifen eines Geldspielgerätes vorgelegt worden sei. Die Buchführung sei auch materiell unrichtig, weil ein innerer Betriebsvergleich der Streitjahre mit dem Zeitraum Ende September 1997 bis Ende März 1998, für den Druckstreifen der Geldspielgeräte vorgelegen hätten, hinsichtlich einer der beiden Spielhallen in „C” nicht nachvollziehbare erhebliche Abweichungen der jeweils erklärten Geräteeinnahmen ergeben habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Textziffer 10 des Betriebsprüfungsberichts vom 17.06.1998 Bezug genommen. Die Prüfer schlugen deshalb Gewinnzuschätzungen von (netto) 156.730,43 DM für 1994 und 221.426,09 DM für 1995 vor, die zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer um 23.509,57 DM (1994) und 33.213,91 DM (1995) führten (Textziffern 11, 13 und Anlage 2 zum Betriebsprüfungsbericht, aus der sich auch die weiteren Änderungen der Umsatzsteuer ergeben).
Gegen die entsprechend dem Vorschlag der Betriebsprüfer ergangenen Umsatzsteueränderungsbescheide für die Streitjahre, die zu Umsatzsteuerfestsetzungen in Höhe von 147.661,- DM (1994) und 122.061,- DM (1995) führten, legte die Klägerin Einsprüche ein, mit denen sie sich gegen die Zuschätzungen und die daraus resultierende Erhöhung der Umsatzsteuer wandte. Diese Einsprüche wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 15.12.1999 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage wandte sich die Klägerin zunächst weiter gegen die Zuschätzungen und machte dann mit Schriftsatz vom 22.03.2002 unter Hinweis auf ein Urteil des Finanzgerichts Münster geltend, die Umsatzbesteuerung von Geldspielgeräten sei unwirksam.
Mit Beschluss vom 13.05.2002 ordnete der Senat entsprechend dem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zu einer abschließenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – in dem Revisionsverfahren V R 7/02, in dem die Frage der Umsatzsteuerbarkeit von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit strittig war, an.
Nachdem der BFH in dem Verfahren V R 7/02 durch Urteil vom 12.05.2002 (Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2005, 617) entschieden hatte, dass ein Betreiber von Geldspielgeräten sich nach EU- Recht auf eine Steuerbefreiung der Spielautomatenumsätze berufen kann, änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzungen der Streitjahre durch Bescheide vom 23.12.2005 erneut und setzte die Umsatzsteuer 1994 auf 5.333,80 Euro (= 10.432,- DM) und für 1995 auf 3.480,88 Euro (= 6.808,- DM) fest. Er erfasste in diesen Bescheiden jetzt keine steuerpflichtigen Umsätze aus Geldspielgeräten (mit Gewinnmöglichkeit) mehr, setzte aber Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit der Anschaffung solcher Geräte an, die auf Grund des § 15 a UStG zurückzuzahlen seien (1994: 3.657,87 DM; 1995: 1.891,43 DM).
Zur Begründung der Klage gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen in Gestalt der zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Änderungsbescheide vom 23.12.2005 trägt die Klägerin vor:
Die Vorsteuerberichtigungen gemäß § 15 a UStG seien rechtswidrig. Da sich die Verwendungen der angeschafften Wirtschaftsgüter seit Erwerb nicht geändert habe, seien die Voraussetzungen für die Anwendung des § 15 a UStG nicht gegeben. Die Berücksichtigung einer Vorsteuer für Erwerbe von Geldspielgeräten wäre, soweit ein Abzug vorgelegen habe, auf Grund einer rechtlich fehlerhaften Beurteilung erfolgt, für die die Berichtigungsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sei; diese könnten jedoch nicht mehr zu einer Änderung fehlerhafter Bescheide führen, da insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten se...