Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsaufspaltung: Entnahme der Anteile an der Betriebs-GmbH unter Aufdeckung der stillen Reserven – Abgrenzung der Betriebsaufgabe von der Betriebsunterbrechung
Leitsatz (redaktionell)
- Veräußert ein zuvor als Verpächter und Bauträger tätiger Einzelunternehmer, der zugleich alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer einer im Baugewerbe tätigen GmbH ist, das bisher verpachtete Anlagevermögen an die GmbH und stellt zugleich die Bauträgertätigkeit ein, ist ungeachtet der Möglichkeit der Wiederaufnahme der Bauträgertätigkeit die für eine bloße Betriebsunterbrechung – ohne Entnahme der Anteile an der Betriebs-GmbH unter Aufdeckung der stillen Reserven - erforderliche identitätswahrende Fortführung des einheitlichen, aus zwei Tätigkeitsfeldern bestehenden Betriebes objektiv nicht mehr möglich, da für die Wiederaufnahme des Tätigkeitsfeldes „Verpachtung” kein sachliches Substrat mehr vorhanden ist.
- Wird das Einzelunternehmen nicht im Rahmen von zwei organisatorisch selbständigen Teilbetrieben geführt, reicht die Aufnahmemöglichkeit für nur ein Tätigkeitsfeld zur identitätswahrenden Fortführung des Unternehmens nicht aus, da das Unternehmen nicht in dem Zustand fortgeführt wird, in dem es sich befand, als die letzte werbende Tätigkeit eingestellt wurde.
- Auch die identitätswahrende Fortführung eines selbständigen Teilbetriebs „Bauträger/Baubetreuung” ist nur möglich, wenn bei Einstellung der werbenden Tätigkeit – neben der Geschäftsbeziehung des Einzelunternehmens zu der GmbH - noch Betriebsvermögen vorhanden ist, das für die Fortführung des Betriebes eine wesentliche Bedeutung hat (z.B. Firmenwert, Kundenstamm).
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger sein Einzelunternehmen zum 31.12.2008 aufgegeben hat und im Zuge der Betriebsaufgabe die stillen Reserven aus den Anteilen an der A- Bauunternehmung GmbH aufzudecken sind oder lediglich eine Betriebsunterbrechung vorliegt, die nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führt.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger gründete zum 01.08.2003 ein Einzelunternehmen „A- Bauträger”. Gegenstand des Unternehmens ist laut Gewerbeanmeldung die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnung (Bauträger) sowie die wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Baubetreuer im fremden Namen für fremde Rechnung. Den Gewinn ermittelte der Kläger durch Betriebsvermögensvergleich.
Zum 01.12.2003 gründete er außerdem die A- Bauunternehmung GmbH (nachfolgend: GmbH) mit einem Stammkapital in Höhe von 25.000 €. Der Kläger ist alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer der GmbH. Gegenstand dieses Unternehmens ist der Hochbau (Stahlbeton- und Maurerarbeiten).
Seit dem 01.09.2005 verpachtete der Kläger im Rahmen seines Einzelunternehmens das vollständige Anlagevermögen des Einzelunternehmens an die GmbH. Die GmbH-Anteile wurden erstmals im Jahresabschluss auf den 31.12.2007 mit ihrem Nennwert von 25.000 € im Einzelunternehmen des Klägers aktiviert. In den Jahren 2003 ff. erklärte das Einzelunternehmen folgende Umsätze:
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Umsätze ohne Pacht |
Pacht |
2003 |
45.000 € |
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2004 |
210.061 € |
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2005 |
7.314 € |
23.600 € |
2006 |
168.579 € |
31.300 € |
2007 |
130.205 € |
50.204 € |
2008 |
67.401 € |
51.550 € |
Zum 31.12.2008 veräußerte das Einzelunternehmen das vollständige Anlagevermögen an die GmbH. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen. Für das Anlagevermögen stellte das Einzelunternehmen der GmbH eine Rechnung zum 31.12.2008 in Höhe von 175.000 € aus. Des Weiteren übernahm die GmbH die Fahrzeugfinanzierungen des Einzelunternehmens i.H.v. 66.193,64 € (s. Rechnung vom 31.12.2008, S. 105 der GA). Die GmbH bilanzierte das Anlagevermögen zum 31.12.2008. Dazu verteilte die GmbH die Anschaffungskosten von 175.000 € auf die angeschafften Wirtschaftsgüter und einen Firmenwert (17.130 €; s. Entwicklung des Anlagevermögens vom 01.01. - 31.12.2008 lt. Bilanz der GmbH). Zum 31.12.2008 und zu den folgenden Bilanzstichtagen bilanzierte das Einzelunternehmen ausschließlich die GmbH-Beteiligung mit 25.000 €.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2008 gaben die Kläger gegenüber dem Beklagten unter anderem gewerbliche Einkünfte aus dem Einzelunternehmen des Klägers in Höhe von 34.188 € an, wobei sie diesen als Verpachtungsbetrieb bezeichneten. Mit Bescheiden vom 05.01.2011, geändert am 24.01.2011, setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2008 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) fest.
Die Einkommensteuerfestsetzung änderte der Beklagte mit Bescheid vom 19.08.2014 nach § 164 Abs. 2 AO. In dem geänderten Bescheid setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2008 unter Berücksichtigung gewerblicher Einkünfte aus dem Einzelunternehmen in Höhe von insgesamt 744.006...