Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Abtretungsanzeige bei Vorliegen eines Formmangels
Leitsatz (redaktionell)
- Auf den in der unvollständigen Angabe des Abtretungsgrunds (bloße Negation der Sicherungsabtretung) ggf. liegenden Formmangel der Abtretungsanzeige kann sich die Finanzbehörde nach Treu und Glauben nicht erstmals nach 5 Jahren berufen, wenn sie den Abtretungsempfänger zunächst zu ergänzenden Angaben aufgefordert hat, aufgrund deren sie bereits vorher einen geschäftsmäßigen Erwerb der Forderung ausschließen konnte.
- Die im Zivilrecht für die Treuwidrigkeit der Berufung auf einen Formmangel entwickelte Voraussetzung des „schlechthin untragbaren Ergebnisses” kann nicht auf die allein der Verwaltungsvereinfachung dienende Angabe des Abtretungsgrundes übertragen werden.
Normenkette
AO § 46 Abs. 2-3, 6, § 218 Abs. 2 S. 2; BGB §§ 125, 242
Streitjahr(e)
1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Abtretung eines Steuererstattungsanspruches an den am 24. Juni 2002 verstorbenen Ehemann der Klägerin, Herrn B (B.), wirksam war. Die Klägerin ist die Alleinerbin ihres Ehemannes.
Herr B. hatte aus einer Warenlieferung im Jahr 1996 eine Restforderung gegen die C Vertriebs GmbH in Höhe von 62.392,04 DM. Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft waren die Eheleute A . Am 15. September 1997 traten die Eheleute A ihren Einkommensteuererstattungsanspruch für das Kalenderjahr 1996 in Höhe der Restforderung an Herrn B. ab. Die C GmbH ging später in Konkurs. Die Restforderung wurde vom Konkursverwalter nachträglich als Konkursforderung festgestellt.
Am 17. September 1997 übergab Herr B. dem beklagten Finanzamt eine von ihm und den Eheleuten A unterzeichnete Abtretungsanzeige unter Verwendung einer Kopie des amtlichen Formulars. In dem Formular ist in dem Abschnitt „Grund der Abtretung” das Kästchen „Sicherungsabtretung” geschwärzt; das für die Angabe eines anderen Abtretungsgrundes vorgesehene Feld wurde nicht ausgefüllt. Auf die Abtretungsanzeige in der blauen Beiakte (Abtretung ESt 1996 - B ) wird Bezug genommen.
In der Folgezeit gingen drei weitere Abtretungsanzeigen über Teilabtretungen ein: Am 23. September 1997 in Höhe von 12.221,00 DM zu Gunsten der C GmbH, am selben Tage in Höhe von 35.784,51 DM zu Gunsten des Kurierdienstes A und am 7. Oktober 1997 zu Gunsten der C in Höhe von 232.000 DM. In diesen Abtretungsanzeigen wurde das Kästchen „Sicherungsabtretung” ebenfalls geschwärzt. Nur in der Anzeige der Abtretung an die D-Bank findet sich eine ausdrückliche Eintragung zum Abtretungsgrund. Der D-Bank teilte das Finanzamt im Oktober 1997 mit, dass hinsichtlich des Steuererstattungsanspruches 1996 der Eheleute A vorrangige wirksame Abtretungsanzeigen vom 17. und 23. September vorlägen und die Abtretungen gemäß ihrer Rangfolge berücksichtigt würden.
Am 26. Mai 1999 erging der Einkommensteuerbescheid 1996 der Eheleute A , aus dem sich ein Steuererstattungsanspruch in Höhe von 213.597,99 DM ergab. Das Finanzamt buchte mit Wertstellung zum selben Tage einen Teilbetrag in Höhe von 180.176,01 DM auf noch offene Einkommensteuerschulden der Eheleute A für 1993 und auf Antrag der Eheleute einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 33.422,01 DM auf Steuerrückstände ihres Sohnes um.
Die Prozessbevollmächtigten forderten im September 1999 das Finanzamt zur Zahlung auf. Herrn B. sei seitens des Finanzamtes nicht erklärt worden, warum die Auszahlung des Guthabens an ihn noch nicht erfolgt sei. Das Finanzamt erwiderte, dass eine Freigabe der Erstattung nur erfolgen könne, wenn folgende Bedingungen erfüllt seien: Herr B. müsse eine Vollmacht des Herrn A vorlegen, aus der hervorgehe, dass Herr B. die Abtretungsanzeige beim Finanzamt einreichen sollte; weiterhin müssten die der Abtretung zu Grunde liegende Sicherungsabrede sowie Erläuterungen und Unterlagen zum Eintritt des Sicherungsfalles vorlegt werden. Daraufhin teilten die Prozessbevollmächtigten mit, dass die „abgetretene” Forderung aus einer Warenlieferung stamme und als Konkursforderung im Konkursverfahren der C GmbH festgestellt worden sei. Damit seien Sicherungsabrede und Sicherungsfall nachgewiesen.
Herr B. verklagte zunächst das Finanzamt, ohne einen Abrechnungsbescheid beantragt zu haben, auf Zahlung des abgetretenen Betrages, nahm die Klage aber nach richterlichem Hinweis zurück (Finanzgericht Düsseldorf Aktenzeichen 18 K 7135/99 AO). Auf seinen Antrag hin erließ das Finanzamt am 20. März 2002 einen Abrechnungsbescheid, in dem es feststellte, dass ein von den Eheleuten A an Herrn B. abgetretener anteiliger Erstattungsanspruch aus dem Einkommensteuerbescheid 1996 nicht ausgezahlt werden könne. Zur Begründung führte es aus: Herr B. habe die Abtretungsanzeige nicht erkennbar als Bote der Zedenten abgegeben. Zudem hätten die Abtretenden durch die Schwärzung des Kästchens Sicherungsabtretung in der Abtretungsanzeige den für die Wirksamkeit der Abtretung „grundsätzlich erforderlichen ...