Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung des geldwerten Vorteils für einen sog. Jahreswagen in Übereinstimmung mit dem Lohnbegriff
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Gewährung von Jahreswagenrabatten steht Arbeitnehmern ein Wahlrecht zu, den geldwerten Vorteils unter Berücksichtigung des üblicherweise gewährten Händlerrabattes nach dem „günstigsten Preis am Markt” i. S. von § 8 Abs. 2 EStG oder nach der um einen Bewertungsabschlag und den Rabattfreibetrag geminderten fiktiven Bemessungsgrundlage des § 8 Abs. 3 EStG bewerten zu lassen (Anschluss an BFH-Urteil vom 5.9.2006 VI R 41/02, BStBl II 2007, 309; gegen BMF-Schreiben vom 28.03.2007, BStBl I 2007, 464).
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2-3
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewertung des geldwerten Vorteils für einen sog. Jahreswagen.
Der mit seiner Ehefrau, der Klägerin, zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Kläger erzielt aus seiner Tätigkeit bei der Fa. „E-AG” Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. In dem Bruttolohn der Streitjahre sind geldwerte Vorteile von 5.966 DM (2000) und 5.253 EUR (2002) aus der Gewährung von Jahreswagenrabatten enthalten. Der Arbeitgeber hatte den Rabatt nach Maßgabe des Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen – BMF – vom 30.01.1996 ermittelt, nach dem als Endpreis i.S.v. § 8 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – der Preis anzunehmen sei, der sich ergebe, wenn die Hälfte des üblicherweise an Letztverkäufer gewährten Preisnachlasses vom Bruttolistenpreis abgezogen werde.
Gegen die antragsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheide 2000 vom 12.11.2001 und 2002 vom 19.12.2003 legten die Kläger Einsprüche ein und machten geltend, nicht nur den halben, sondern den vollen durchschnittlichen Preisnachlass in Abzug zu bringen. Das Einspruchsverfahren wurde im Hinblick auf die Revision VI R 41/02 zunächst zum Ruhen gebracht. Nach Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 05.09.2006 VI R 41/02, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2007, 309, und des sog. Nichtanwendungserlasses mit BMF-Schreiben vom 28.03.2007, BStBl I 2007, 464, wies der Beklagte die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 15.10.2008 als unbegründet zurück. Der geldwerte Vorteil sei hier zwingend nach der typisierenden (Spezial-)Vorschrift des § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten; ein Wahlrecht auf Durchführung einer günstigeren Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG bestehe entgegen der Ansicht des BFH nicht.
Mit der Klage machen die Kläger geltend, den geldwerten Vorteil durch Abzug des vollen durchschnittlichen Preisnachlasses herabzusetzen; entsprechend sei der Arbeitslohn – über den bereits berücksichtigten hälftigen Preisnachlass hinaus – zu mindern um Beträge von 2.893,34 DM (1.479,34 EUR; 2000) und 2.323,98 EUR (2002). Hinsichtlich der Berechnung wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 14.04.2009 Bezug genommen. Die Grundsätze lt. BFH-Urteil vom 05.09.2006 VI R 41/02, BStBl II 2007, 309, seien – so die Kläger – hier entsprechend anzuwenden.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 vom 12.11.2001 und 2002 vom 19.12.2003, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2008, die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit um 2.893,34 DM (1.479,34 EUR; 2000) und 2.323,98 EUR (2002) herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO – im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten ( § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO); der geldwerte Vorteil aus den sog. Jahreswagenrabatten ist um den geltend gemachten Betrag herabzusetzen.
Wie die Beteiligten zu Recht übereinstimmend annehmen, stellt der vom Arbeitgeber gewährte Preisnachlass im vorliegenden Fall dem Grunde nach Arbeitslohn dar.
Die Rabattbewertung richtet sich nach Abs. 2 oder Abs. 3 der Vorschrift des § 8 EStG. Zum Verhältnis dieser Bewertungsvorschriften gilt Folgendes: Grundnorm ist § 8 Abs. 2 EStG, der in Übereinstimmung mit dem Lohnbegriff Rabatte des Arbeitgebers erst dann bzw. in der Höhe als geldwerten Vorteil erfasst, als der Preis unterschritten wird, der für das gleiche Produkt am Markt von fremden Dritten zu entrichten ist. Vergleichspreis ist dabei grundsätzlich der günstigste Preis am Markt. Abweichend hiervon geht § 8 Abs. 3 EStG als Spezialnorm grundsätzlich von einem unabhängig von Rabattgewährungen anzugebenden bzw. auszuzeichnenden Vergleichspreis aus, wobei die Vorschrift deswegen tendenziell begünstigenden Charakter hat, weil noch ein Bewertungsabschlag von 4 v.H. und ein Rabattfreibetrag abgezogen werden können. Die beabsichtigte Vorteilhaftigkeit der Norm kann aber verfehlt werden, wenn der auszuzeichnende Preis und der günstigste Preis am Markt so stark voneinander abweichen, dass trotz des Bewertungsabschlags un...