Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzweigung des Kindergeldes und Kostenerstattung für das Einspruchsverfahren wegen Kostenerstattung
Leitsatz (redaktionell)
- Für ein Vorverfahren wegen Kostenerstattung für ein Einspruchsverfahren in Kindergeldsachen scheidet eine analoge Anwendung des § 77 Abs. 1 EStG aus; für einen Kostenerstattungsanspruch wegen derartiger Annexverfahren zum Hauptsacheverfahren fehlt es daher an einer gesetzlichen Grundlage.
- Ob für das Einspruchsverfahren wegen Abzweigung von Kindergeld selbst nach dem Gesetz ein Kostenerstattungsanspruch besteht, kann offen bleiben, wenn die Familienkasse die Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen dem Grunde nach bindend festgestellt hat.
Normenkette
EStG § 77
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Die Klägerin beantragte Ende August 2004 bei der Familienkasse die Abzweigung des an ihre Mutter für sie gezahlten Kindergeldes, weil die Mutter keinen Unterhalt leiste. Nachdem die Mutter der Abzweigung widersprochen und behauptet hatte, an die Klägerin Unterhalt zu leisten, lehnte die Familienkasse den Abzweigungsantrag ab (Bescheid vom 11. November 2004). Hiergegen erhob die Klägerin, anwaltlich vertreten durch ihre Prozessvertreter, Einspruch; sie legte näher dar, dass weder ihre Mutter noch ihr Vater Unterhalt leisteten. Daraufhin entsprach die Familienkasse dem Abzweigungsantrag der Klägerin ab November 2004; eine Erstattung der im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten lehnte die Familienkasse zunächst ab (Bescheide vom 25. November 2004). Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch und beanstandete außerdem, dass ihr bereits für September und Oktober 2004 das Kindergeld zustehe. Die Familienkasse verfügte daraufhin die Abzweigung bereits ab September 2004 und stellte die Erstattungsfähigkeit der für das Einspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen der Klägerin fest (Bescheid vom 19. Januar 2005).
Mit Kostenrechnungen vom 25.01.2005 machten die Prozessvertreter der Klägerin Aufwendungen von insgesamt 676,86 EUR geltend, und zwar aus einem Gegenstandswert von 2.156 EUR eine 2,0 Geschäftsgebühr und eine 1,5 Erledigungsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer (Kostennote R 177/05); zusätzlich machten sie Aufwendungen von 234,32 EUR geltend, und zwar aus einem Gegenstandswert von 676,86 EUR eine 1,3 Geschäftsgebühr und eine 1,5 Erledigungsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer (Kostennote R 178/05). Die Familienkasse entschied hingegen, dass lediglich ein Betrag von 133,06 EUR angemessen und damit erstattungsfähig sei, nämlich aus einem Gegenstandswert von 1.854 EUR eine 0,75 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Da sich der Fall im mittleren Schwierigkeitsbereich bewegt habe, sei der Ansatz einer 7,5-Zehntel-Gebühr angemessen. Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden (Bescheid vom 4. März 2005).
Hiergegen erhoben die Prozessvertreter namens der Klägerin Einspruch. Sie trugen vor, der Gegenstandswert betrage für die Abzweigung des laufenden Kindergeldes einen Jahresbetrag zuzüglich der bei Einspruchseinlegung bereits angefallenen streitigen Beträge; hieraus ergebe sich im Streitfall ein Betrag von 2.156 EUR (1 Jahr und 2 Monate). Das allein anzuwendende RVG sehe eine Geschäftsgebühr in mittleren Fällen von 1,3 vor (VV 2400). Im Streitfall sei allerdings eine Geschäftsgebühr von 2,0 angemessen, weil am 10.01.2005 eine telefonische Erörterung mit der Sachbearbeiterin der Familienkasse stattgefunden habe. Infolge des Telefonats sei auch eine 1,5 Erledigungsgebühr (VV 1002) ausgelöst worden. Die Kostennote Nr. R 178/05 betreffe die Aufwendungen für den Einspruch gegen die Ablehnung einer Kostenerstattung für das Einspruchsverfahren; auch hier sei neben einer 1,3 Geschäftsgebühr eine 1,5 Erledigungsgebühr anzusetzen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Hiergegen hat richtet sich die Klage. Zur Begründung nimmt die Klägerin auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Familienkasse unter Änderung des Bescheides vom 4. März 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. April 2005 zu verpflichten,
- die für den Einspruch gegen die Versagung der Kostenerstattung notwendigen Aufwendungen für erstattungsfähig und hierbei die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären sowie
- die zu erstattenden Aufwendungen für das Einspruchsverfahren wegen Abzweigung auf 676,86 EUR festzusetzen.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Gegenstandswert sei hier auf einen Jahresbetrag des Kindergelds begrenzt, weil der Antrag zunächst abgelehnt und im Einspruchsverfahren um die laufende Abzweigung erst gestritten worden sei (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 14. Dezember 2001 VI B 285/01). Die Geschäftsgebühr im Vorverfahren betrage 0,5 bis 2,5 einer vollen Gebühr; hier sei der Ansatz einer Mittelgebühr von 0,75 ausreichend. Eine Erledigungsgebühr sei nicht ausgelöst worden; durch das Einlenken der Behörde als Folge schriftlicher oder mündlicher Ausführungen des Rechtsanwalts ...