Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer: Erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen
Leitsatz (amtlich)
1. Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen sind nicht durch die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begünstigt.
2. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG ist verfassungsgemäß.
Normenkette
GewStG § 7 Satz 1, § 7 S. 2, § 9 Nr. 1 Sätze 2, 6; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die erweiterte gewerbesteuerrechtliche Kürzung für Grundstücksunternehmen.
Die Klägerin, eine GmbH, ist zum ... 2006 durch eine formwechselnde Umwandlung aus der A GmbH & Co. KG (im Folgenden: A) entstanden. An der A war im Streitjahr 2004 zunächst als einzige Kommanditistin mit einem Anteil von 100% die B-1 AG beteiligt.
Die B-1 AG verkaufte mit Vertrag vom ... 2004 einen Kommanditanteil von 22,5 % mit Wirkung zum 01. August an die C AG. Daraus erzielte sie einen Veräußerungsgewinn. Einen weiteren Anteil von 44,5 % veräußerte sie mit Vertrag vom ... 2004 mit Wirkung zum 01. Oktober 2004 an die B-2 AG. Hieraus wurde ein Veräußerungsgewinn erzielt. Schließlich verkaufte sie mit Vertrag vom ... 2004 zum 01. Dezember 2004 einen Kommanditanteil von 27 % an die B-2 AG mit einem Veräußerungsgewinn. Die B-1 AG hielt anschließend im Jahr 2004 noch einen Anteil von 6 % an der A.
Die A verwaltete im Streitjahr 2004 eine (einzige) Logistikimmobilie im Hamburger Hafen (X-Straße ...). Die A i. G., mietete das Grundstück im Juni 2000 von der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) für 30 Jahre und erhielt von der FHH die Erlaubnis, das Grundstück zu bebauen. Das Mietobjekt wurde für eine hafengewerbliche Nutzung in Form der Errichtung von Gebäuden und Anlagen für ein Logistik-Centrum vermietet. Mit Mietvertrag vom ... 2000 vermietete die D GmbH das Grundstück frühestens ab dem 01. Januar 2001 für zunächst 10 Jahre an die E GmbH, die zum Dezember 2004 in die F GmbH umfirmiert worden ist. Die Vermieterin verpflichtete sich, die Logistikgebäude auf dem Grundstück zu errichten. Die Innenausstattung der Gebäude war Sache des Mieters. Die A übernahm mit Vertrag vom ... 2001 unter Zustimmung der ursprünglichen Vertragspartner die Rechte und Pflichten der D GmbH aus dem Mietvertrag.
Mit notariellem Vertrag vom ... 2012 veräußerte die Klägerin die Logistik-Immobilie im Rahmen eines sogen. Asset-Deals. Der Mietvertrag wurde vom Erwerber übernommen. Die Vertragsschließenden gingen dabei davon aus, dass die Gebäude als sogen. Scheinbestandteile im Sinne von § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Eigentum der Klägerin waren.
Die A erzielte 2004 im Wesentlichen nur Erträge aus der Vermietung der Logistikimmobilie. In ihrer Gewerbesteuererklärung 2004 vom 17. Oktober 2005 gab sie einen Gewerbeertrag von ... € an. In diesen Ertrag sind die Veräußerungsgewinne der B-1 AG eingeflossen. Die A beantragte die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen im Sinne von § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG).
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 08. November 2006 erklärungsgemäß einen Gewerbesteuermessbetrag von 0 € fest. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
Nach einer Außenprüfung im Zeitraum von November 2008 bis Juli 2010 erließ der Beklagte am 28. Januar 2011 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid. Der Messbetrag wurde auf der Grundlage von § 164 Abs. 2 AO festgesetzt. Die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen wurde gemäß § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG insoweit versagt, als der geltend gemachte Kürzungsbetrag auf die Gewinne aus der Veräußerung der Kommanditanteile durch die B-1 AG entfällt.
Die Klägerin legte gegen den Änderungsbescheid am 03. Februar 2011 Einspruch ein. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG sei durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz vom 09. Dezember 2004 mit Rückwirkung zum 01. Januar 2004 eingeführt worden. Die Kommanditanteilsveräußerungen seien vor dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung vollzogen worden. Die rückwirkende Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG sei verfassungswidrig.
Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 17. November 2011 Klage erhoben:
Die A habe im Streitjahr ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet. Betriebsvorrichtungen seien nicht mitvermietet worden. Sie, die Klägerin, könne deshalb als Rechtsnachfolgerin die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen. Das vermietete Grundstück habe zwar im Eigentum der FHH gestanden. Für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung sei aber wirtschaftliches Eigentum im Sinne von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ausreichend. Solches Eigentum habe der A an den von ihr errichteten Gebäuden zugestanden. Sie, Klägerin, sei im Geschäftsverkehr auch als wirtschaftliche Eigentümerin der Logistikimmobilie angesehen worden. Dies zeige sich daran, dass die Immobilie von ihr mit Vertrag vom ... 2012 veräußert worden sei. Für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung sei es zudem unschädli...