Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung: Kein Anspruch auf abweichende Festsetzung nach § 163 AO aus Vertrauensschutzgründen auf Grund des sogen. Verpachtungserlass vom 17.12.1965
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO aus Vertrauensschutzgründen besteht nicht, wenn es sich bei dem Erlass, auf den der Steuerpflichtige sich beruft, um eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung handelt. Der sogen. Verpachtungserlass vom 17.12.1965 ist eine norminterpretierende Richtlinie.
2. Eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist auch nicht auf Grund einer rückwirkend verschärfenden Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Betriebsaufgabe zu gewähren, weil die damalige Rechtsprechungsänderung keine nachteiligen Folgen für den Kläger hatte, denn sie eröffnete ein Wahlrecht und zwang gerade nicht zur Aufdeckung stiller Reserven.
Normenkette
AO §§ 163, 227
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 1998 aus Billigkeitsgründen bzw. den Erlass der Steuer, soweit diese auf einer Berücksichtigung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft beruht.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und wurde 1998, dem Streitjahr, mit seiner damaligen Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit notariellem Hofübergabevertrag vom ... 1982 übertrugen die Eltern dem Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einen in Hamburg- ..., X-Straße gelegenen Hof "mit sämtlichem lebenden und toten Inventar sowie mit allen Rechten und Mitgliedschaften". Die Übertragung des Hofes erfolgte nach Höfeordnung. Nach den Angaben des Klägers hatten seine Eltern bereits 1969 die Bewirtschaftung des Betriebes eingestellt.
Der Kläger erklärte mit seiner Einkommensteuererklärung für 1983 für das erste Rumpfwirtschaftsjahr bis zum 30.06.1983 einen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft. Laut einem Auszug aus dem Liegenschaftsbuch hatte er insgesamt ... ha übernommen. Zum Betriebsvermögen gehörten ... ha Forstflächen sowie ... ha Grünfläche einschließlich der Hoffläche. Im Privatvermögen befanden sich ... ha, die in Parzellen an die Pächter A, B und C verpachtet waren. Auch in den Folgejahren erklärte der Kläger Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Er gab dabei die landwirtschaftlich genutzte Fläche mit ... ha und die forstwirtschaftliche Fläche mit ... ha an, der Gewinn wurde nach § 13 a Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelt. In den Steuererklärungen gab er seinen Beruf mit "Landwirt/ Referendar" bzw. später mit "Landwirt/Rechtsanwalt" an.
Mit Schreiben vom ... 1998, bei dem Beklagten eingegangen am ... 1998, erklärte der Kläger die Aufgabe seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Der Beklagte ermittelte daraufhin für 1998 einen Aufgabegewinn und legte der Besteuerung zunächst einen geschätzten Veräußerungsgewinn von ... DM zu Grunde. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und verfolgte sein Begehren vor dem Finanzgericht Hamburg (6 K 206/04) weiter. Mit Urteil vom 30.11.2007 setzte das Gericht sowohl die laufenden Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft als auch den Veräußerungsgewinn teilweise herab. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (IV B 17/08) wurde mit Beschluss des BFH vom 13.03.2009 als unzulässig zurückgewiesen. Bereits in diesen Verfahren hatte der Kläger vorgetragen, dass der Betrieb schon von seinem Vater aufgegeben worden sei und er lediglich Privatvermögen übernommen habe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Finanzgerichts Hamburg und den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) Bezug genommen.
In Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung setzte der Beklagte mit Bescheid vom ... die Einkommensteuer für 1998 auf ... € (... DM) unter Berücksichtigung von laufenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von ... DM und Veräußerungsgewinnen in Höhe von ... DM (insgesamt ... DM) fest.
Am ... hatte der Kläger beantragt, die Einkommensteuer wegen der für das Jahr 1998 festgestellten Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft gemäß §§ 163, 227 der Abgabenordnung (AO) insoweit abweichend auf 0 € festzusetzen. Zur Begründung verwies er auf die koordinierten Ländererlasse von Niedersachsen vom 17.12.1965 (S 2140-96-311, BStBl II 1966, 34) und Nordrhein-Westfalen vom 28.12.1964 (S 2151-10-VB 1, BStBl II 1965, 5) sowie den Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 15.03.1979 (IV B 2-S 213-2/79, BStBl I 1979, 162). Aus diesen Erlassen folge, dass die 1998 eingereichte Betriebsaufgabeerklärung ins Leere gehe, weil es sich bei dem Grundbesitz bereits um Privatvermögen gehandelt habe. Die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebs sei von der Familie bereits Ende 1969 aufgegeben worden. Dadurch seien die Grundstücke Privatvermögen seines Rechtsvorgängers geworden, so dass dieser auch nur Privatvermögen an ihn habe übergeben können. Er beziehe sich insoweit auf die ausführliche Darstellung in den zum Rechtsstreit vor dem Finanzgericht Hamburg (6 K 206/04) eingereichten Schriftsätzen. Die Restflächen des B...