Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen
Leitsatz (amtlich)
Unterhält ein Betrieb Kontokorrentkredite und Eurokredite bei vier Kreditinstituten, so können diese als einheitliche Schuld zu behandeln sein, wenn die Kredite wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen (hier: einen Sicherheiten-Poolvertrag) zwischen den Kreditgebern und dem Kreditnehmer derart verknüpft sind, dass gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die Inanspruchnahme von Krediten in der benötigten Größenordnung und die längerfristigen Nutzung der Kreditmittel sichert.
Kontokorrentschulden sind keine sog. Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs, wenn aus den Umständen der Kreditgewährung geschlossen werden muss, dass trotz der äußeren Form des Kontokorrentkontos dem Unternehmer ein bestimmter Mindestkredit dauerhaft zur Verfügung sehen soll (vgl. BFH-Urteil vom 20.11.1980, IV R 81/77, BStBl. II 1981, 223).
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1; HGB § 355 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Eurokrediten und Kontokorrentkrediten als Dauerschulden (für 1997) bzw. den daraus resultierenden Zinsen als Dauerschuldzinsen (für 1997 und 1998).
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Gegenstand ihres Geschäftsbetriebs sind der Import und Export von Chemikalien sowie von Pharmagrundprodukten. Importiert werden Partien von unterschiedlicher Größe, die zum Verkauf an die Endkunden jeweils in eine Vielzahl kleinerer Partien aufgeteilt werden. Über das Jahr verteilt ergeben sich auf diese Weise mehrere tausend Verkaufsakte, wobei der Umschlag der einzelnen Warenpartien in der Regel kurzfristig, d.h. innerhalb weniger Wochen, höchstens aber über einen Zeitraum von einigen Monaten erfolgt. Die Bezahlung der Warenimporte und der Weiterverkauf an die Endkunden erfolgen ausschließlich auf US-$-Basis.
Ihr Umlaufvermögen finanzierte die Klägerin seit 1992 nahezu ausschließlich durch US-$-Kontokorrentkredite (s. Jahresabschlüsse der Klägerin für die Jahre 1992 bis 1998, unter: "Bewertung" bzw. "Bilanzierungs- und Bewertungsmethode", Bilanz- und Bilanzberichtsakten). Sie hatte zu diesem Zweck bereits 1995 mit vier Banken Kreditverträge geschlossen, die über Zeiträume von bis zu zwölf Monaten liefen und nach Ablauf entweder prolongiert oder durch Verträge mit entsprechendem Inhalt ersetzt wurden. Drei der Banken (Bank 1, Bank 2 und Bank 3) hatten der Klägerin eine Kreditlinie in Höhe von jeweils 7 Mio. DM eingeräumt, die vierte Bank (Bank 4) eine Kreditlinie in Höhe von 5 Mio. DM. Die Kredite konnten als Bar-, Akkreditiv-, Diskont-, Aval- oder Eurokredite in Anspruch genommen werden. Sie wurden in den zugrunde liegenden Verträgen als Betriebsmittelkredite oder als Rahmenkredite bezeichnet. Zum Teil war vorgesehen, dass Eurokredite auch bei ausländischen Tochtergesellschaften der Banken in Anspruch genommen werden konnten. Gesichert wurden die Kredite durch Mantelverträge, mit denen die Klägerin den Banken ihre Rechte aus den Wareneinkäufen, ihre Eigentumsrechte an sämtlichen Waren sowie ihre Ansprüche aus den Warenverkäufen übertrug. Auf die Verträge wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen (s. Anlagen K 10 bis K 13 zum Schriftsatz der Klägerin vom 25.11.2004, Anlagenband zur Gerichtsakte).
In allen Verträgen wurde ausdrücklich auf einen mit der Klägerin am 19.06.1995 geschlossenen Sicherheiten-Poolvertrag verwiesen. Dieser Poolvertrag wiederum nahm Bezug auf die vier eingeräumten Kreditlinien und stellte zunächst fest, dass die Kreditgewährung durch jede der Banken gesondert und unter Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung erfolge. Sodann wurde festgelegt, dass die von der Klägerin gestellten Sicherheiten in einen Sicherheiten-Pool eingebracht würden. Eine der Banken, der hierfür eine Vergütung zugesprochen wurde, wurde als Poolführerin bestimmt. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Pool-Sicherheiten zur Besicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Banken, ihrer Niederlassungen und Tochtergesellschaften dienen sollten. Über die Frage, ob und wann Verwertungsmaßnahmen einzuleiten und durchzuführen seien, sollten die vier Banken gegebenenfalls einstimmig entscheiden; die Aufteilung der Verwertungserlöse sollte entsprechend den valutierenden Krediten erfolgen. Des Weiteren wurde in dem Vertrag die jeweils treuhänderische Verwaltung der Sicherheiten, Auskunftsansprüche, Unterrichtungspflichten u.ä. geregelt. Auch auf diesen Vertrag wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen (s. Anlage K 9 zum Schriftsatz der Klägerin vom 25.11.2004, Anlagenband zur Gerichtsakte).
Die Klägerin nahm die ihr gewährten Kredite sowohl als US-$-Kontokorrentkredite als auch als US-$-Eurokredite in Anspruch. Sie unterhielt bei jeder der vier Banken ein US-$-Kontokorrentkonto, über das die Wareneinkäufe (wechselnd) finanziert wur...