Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Nimmt eine Diplom-Übersetzerin nach ihrem wissenschaftlichen Hochschulstudium - unter Beurlaubung von ihrer bisherigen Tätigkeit - ein zwei Jahre dauerndes sog. Aufbaustudium für den Studiengang Journalistik auf, so handelt es sich bei den Aufwendungen für das Aufbaustudium um Fortbildungskosten
Normenkette
EStG §§ 9, 9 Abs. 1, 1 S. 1, § 10 Abs. 1, 1 Nr. 7
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin – Kl. – war seit dem 1. Juli 1991 – nach wissenschaftlichem Hochschulstudium – als Diplom-Übersetzerin für die Sprachen Englisch und Spanisch im Sprachendienst des … im Angestelltenverhältnis tätig. Neben ihrer Übersetzungsarbeit in den Fachgebieten „…” übernahm sie auch Dolmetscheraufgaben in ihrer Erstsprache (Englisch).
Vom 30.10.1997 bis 30.09.1999 ließ sich die Kl. von ihrem Arbeitgeber beurlauben, um ein zwei Jahre dauerndes sog. Aufbaustudium für den Studiengang Journalistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz durchzuführen. Im Zusammenhang mit diesem Studium, für das laut Studienordnung ein abgeschlossenes Fachstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens 8 Semestern Voraussetzung ist, machte die Kl. in ihrer Einkommensteuererklärung 1997 Aufwendungen in Höhe von insgesamt … DM als Werbungskosten (Fortbildungskosten) bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend (vgl. § 9 EStG). Dies lehnte der Beklagte – Bekl. – im Einkommensteuerbescheid vom 12.11.1998 ab und gewährte der Kl. lediglich den nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorgesehenen Höchstbetrag von 1.800,– DM für Berufsausbildungskosten (Sonderausgaben). Dagegen legte die Kl. Einspruch ein und trug vor, durch den Abschluß des Aufbaustudiums sei sie für ihren bisherigen Arbeitgeber vielseitig verwendbar; nur aufgrund dieser Perspektive habe sie mit dem Studium begonnen. Sie strebe eine berufliche Verwendung im Bereich der Pressestelle oder im Referat Öffentlichkeitsarbeit des … an, wo Sprachkenntnisse nicht nur erwünscht, sondern erforderlich seien. Im übrigen erwerbe sie, Kl., mit dem Aufbaustudium keine eigenständig anerkannte Berufsausbildung, wie sie das Studium der Publizistik mit einer Regelstudienzeit von 4 Jahren vermittle.
Ihr im Einspruchsverfahren erfolglos gebliebenes Begehren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 23.02.1999) verfolgt die Kl. mit der vorliegenden Klage und mit im wesentlichen unveränderten Vorbringen weiter und beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 1997 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.02.1999 in der Weise abzuändern, daß Werbungskosten in Höhe von … DM berücksichtigt werden.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Auffassung nach sind die strittigen Aufwendungen nach wie vor Kosten der Berufsausbildung, weil die Kl. mit dem Aufbaustudium eine gegenüber ihrer bisherigen Tätigkeit als Diplomübersetzerin andere Berufsart anstrebe, was auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – (Urteil vom 19.06.1997, BStBl II 1998, 239) den Studiengang als Berufsausbildung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG erscheinen lasse.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatzwechsel der Beteiligten und den Inhalt der vorgelegten Finanzamtsakten (insbesondere auch auf die Kostenaufstellung der Kl. in der Anlage zu ihrer Einkommensteuererklärung) sowie auf die zuvor genannte Studienordnung Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im wesentlichen begründet. Die strittigen Aufwendungen sind dem Grunde nach als Fortbildungskosten abzugsfähige Werbungskosten i. S. des § 9 EStG bei den Einkünften der Kl. aus nichtselbständiger Arbeit. Der Höhe nach waren die noch abzugsfähigen Werbungskosten auf den im Urteilstenor genannten Betrag zu beschränken, weil – wie zwischen den Beteiligten nicht streitig – der im angefochtenen Bescheid vom 12.11.1998 gewährte Abzug für Berufsausbildungskosten von 1.800,– DM mit dem Klagebegehren zu verrechnen war; außerdem unterliegt der geltend gemachte Aufwand für ein Mobiltelefon nebst Netzkart (…) im Hinblick auf § 12 Nr. 1 EStG dem Abzugsverbot.
Zu Unrecht hat der Bekl. der Kl. den begehrten Werbungskostenabzug versagt.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt sind. Ihre berufliche Veranlassung ist anzunehmen, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und sie subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Diese Voraussetzungen liegen bei Fortbildungs- oder Weiterbildungskosten vor. Sie dienen dazu, in einem ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so in dem ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen. Dagegen zielen Ausbildungskosten darauf ab, Kenntnisse zu erwerben, die als...