Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Übergangszeit
Leitsatz (redaktionell)
Soweit es um die Frage geht, ob Einkünfte des Kindes in einer Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG einzubeziehen sind, findet eine taggenaue Berechnung statt. H 180a EStH 1998 darf wegen des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes nicht zu Lasten der Steuerpflichtigen angewendet werden.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1, 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 S. 1, § 32 Abs. 4, 4 Sätze 1, 1 Nr. 2a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Kindergeld für ihren am …1975 geborenen Sohn Marco für die Monate Januar bis Juni sowie November bis Dezember 1998.
Marco … befand sich von 01.01. bis 23.06.1998 in einer Berufsausbildung zum Industriekaufmann, die er mit Ablegung der Gesellenprüfung am 23.06.1998 abschloß. In der Zeit vom 24.06. bis 31.10. des Streitjahres arbeitete er als angestellter Industriekaufmann bei seinem ehemaligen Ausbildungs-Arbeitgeber. Vom 01.11. bis 31.12.1998 leistete er ein Praktikum als Voraussetzung für eine neue Berufsausbildung im Bereich Regie und Aufnahmeleitung ab.
Am 07. Mai 1999 beantragte die Klägerin für ihren Sohn Marco Kindergeld für 8 Monate im Jahr 1998. Der Beklagte wies den Antrag mit Bescheid vom 10. Juni 1999, den deshalb erhobenen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15.07.1999 als unbegründet wegen Überschreitung der Einkunftsgrenze zurück. Nach dem Dafürhalten des Beklagten befand sich das Kind Marco 1998 durchgehend in einer Berufsausbildung bzw. in einer Übergangszeit von nicht mehr als 4 Monaten im Sinne des § 32 Abs. 4 EStG, so dass die in der Zeit vom 24.06. bis 31.10.1998 erzielten Einkünfte bei der Ermittlung des Grenzwertes nach § 63 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen seien.
Die Klägerin ist der Ansicht, vorliegend seien die Voraussetzungen für die Einbeziehung der Einkünfte während einer Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in die Einkünfteermittlung nicht gegeben, da sich zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten „Lehre” und „Praktikum” mehr als 4 Monate befänden. Der Übergangszeitraum sei entgegen den Dienstanweisungen des Beklagten taggenau zu berechnen. Werde der Zeitraum auch nur um einen Tag überschritten, so liege keine Übergangszeit im Sinne des Gesetzes vor.
Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Klägerin hat mit ihrer Klageschrift sinngemäß beantragt,
für den Sohn Marco … Kindergeld für die Monate Januar bis Juni und November bis Dezember 1998 in Höhe von je 220,00 DM insgesamt 1.760,00 DM zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, eine taggenaue Berechnung der 4-Monats-Frist des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG komme nicht in Betracht. § 66 Abs. 2 EStG bestimme nämlich, dass Kindergeld vom Beginn des Monats an gezahlt werde, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, bis zum Ende des Monats in dem sie wegfielen. Das führe dazu, dass Kindergeld für den gesamten Kalendermonat gezahlt werde, auch wenn die Anspruchsvoraussetzungen nur an einem Tag des Monats vorgelegen hätten. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmung sei nicht von einer taggenauen Berechnung der 4-Monats-Frist auszugehen. Der Beklagte verweist auf Hinweis 180 a EStH 1998, wonach es ausreiche, wenn der nächste Ausbildungsabschnitt in dem Monat nach Ablauf des 4. vollen Kalendermonats, in dem sich das Kind nicht in Ausbildung befunden habe, beginne.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht Kindergeld wie beantragt für die Monate Januar bis Juni sowie November bis Dezember 1998 zu. Der Kindergeldanspruch beruht auf § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Danach besteht ein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18. aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Diese Voraussetzungen waren in den Monaten Januar bis Juni und November bis Dezember 1998 beim Sohn Marco unstreitig gegeben.
Der Kindergeldanspruch ist nicht wegen der Einkünfte und Bezüge des Kindes zu versagen. Denn die Einkünfte der Monate Juni bis Oktober 1998 sind nicht einzubeziehen, da es sich insoweit nicht um eine Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG handelt.
Die Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten ist der Zeitraum, in dem sich das Kind nicht in Ausbildung befindet. Das in der Übergangszeit erzielte Einkommen ist schädlich, wenn sie 4 Monate nicht überschreitet.
Da die 4-Monats-Frist bei einem Zeitraum beginnend mit dem 24. Juni 1998 und endend mit dem 31. Oktober 1998 ersichtlich überschritten ist, sind die insoweit erzielten Einkünfte unschädlich für die Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes.
Wird der Zeitraum von 4 Monaten auch nur um einen Tag überschritten, so ist die gesamte Übergangszeit keine Berufsausbildung (vgl. Hermann/Heuer Kommentar zu...