Entscheidungsstichwort (Thema)

Zufluss von Arbeitslohn aus einer Ablösezahlung für die Übernahme einer Pensionsverpflichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Übertragung einer Pensionsverpflichtung fließt dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zu, wenn der Ablösungsbetrag auf sein Verlangen an die übernehmende Gesellschaft gezahlt wird. Der Annahme eines Zuflusses steht nicht entgegen, dass dem Steuerpflichtigen nach den Vertragsvereinbarungen kein ausdrückliches Wahlrecht eingeräumt wurde, statt der Übertragung der Pensionsverpflichtung die Zahlung des Ablösungsbetrages an sich selbst verlangen zu können.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.08.2016; Aktenzeichen VI R 46/13)

BFH (Urteil vom 18.08.2016; Aktenzeichen VI R 46/13)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Ausgleichszahlung in Höhe von 761.554 EUR für die Übernahme einer Pensionszusage einen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt.

Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde.

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am ….2008 verstorbenen Ehemannes A, mit dem sie im Streitjahr 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird. Herr A war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der … A GmbH und der … A Sport GmbH, die im Veranlagungszeitraum 1996 durch eine „Ausgründung” aus dem Vermögen der … A GmbH entstanden ist.

Die … A GmbH hatte Herrn A mit Verträgen vom 12. Januar 1990 und 30. Dezember 1991 eine Pensionszusage erteilt. Am 28. Juni 2002 schloss Herr A mit der … A GmbH folgende Vereinbarung:

„Die Gesellschafter der … A GmbH beabsichtigen, die Anteile an der … A GmbH zu veräußern. Es entspricht der allgemeinen Erfahrung, dass es schwierig sein wird, einen Käufer für die Anteile zu finden, der bereit ist, die bestehende Pensionsverpflichtung zu Gunsten von Herrn A mit zu übernehmen. Aus diesem Grunde vereinbaren die beiden Parteien Folgendes:

Die Herrn A erteilte Versorgungszusage wird auf den Anspruch, den Herr A bis zum 30. Juni 2002 verdient hat begrenzt. D.h. Herr A wird für die Anwendung des Versorgungsvertrages so gestellt, als ob er mit Ablauf des 30. Juni 2002 aus den Diensten der Gesellschaft ausgeschieden wäre.”

Ebenfalls am 28. Juni 2002 schlossen die … A Sport GmbH und die … A GmbH, jeweils vertreten durch Herrn A folgenden Schuldübernahmevertrag:

  1. (…)
  2. „Die … A Sport GmbH übernimmt die vorgenannte Pensionsverpflichtung (= der … A GmbH gegenüber Herrn A) mit Ablauf des 30.06.2002 unter Schuldbefreiung der … A GmbH.
  3. Als Gegenleistung für die Schuldübernahme zahlt die … A GmbH an die … A Sport GmbH Euro 761.554,00. Dieser Betrag ist am 01.07.2002 fällig.
  4. Herr A und Frau A1 als Begünstigte der Pensionszusage stimmen der Schuldübernahme ausdrücklich zu. Ihnen ist bekannt, dass alleiniger Schuldner zukünftig nur die … A Sport GmbH ist.”

Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 28. Juni 2002 verwiesen (Bl. 21, 22 der Prozessakte).

Im Anschluss an eine vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B bei der … A Sport GmbH und Herrn A durchgeführten Außenprüfung vertrat der Beklagte – gestützt auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 12. April 2007 VI R 6/02, Bundessteuerblatt II 2007, 581 – die Auffassung, der Schuldübernahmevertrag, mit dem die Pensionszusage auf die … A Sport GmbH übertragen worden sei, sei als eine „Verwendung der Pensionszusage zu Gunsten von Herrn A” und damit als Auszahlung bzw. Zufluss von Arbeitsentgelt anzusehen. Der Höhe nach sei der Zufluss mit dem Ablösungsbetrag i.H.v. 761.554 EUR anzusetzen. Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn sei, dass der Arbeitnehmer gegenüber einem Dritten, der nicht Arbeitgeber des Versorgungsberechtigten sei, einen unmittelbaren Rechtsanspruch auf künftige Leistungen habe. Diese Voraussetzung sei erfüllt, weil die … A Sport GmbH die ursprünglich von der … A GmbH erteilte Pensionszusage in vollem Umfang unter Schuldbefreiung übernommen habe. Da die Zuwendung des Arbeitgebers im Streitfall nicht im Zusammenhang mit einem Arbeitgeberwechsel erfolgt sei, habe die … A Sport GmbH die von der … A GmbH erteilte Pensionszusage als fremder Dritter ähnlich einem Versicherungsunternehmen übernommen. Als Zeitpunkt des Zuflusses beim Empfänger sei der Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge beim Arbeitgeber anzusehen. Da der begünstigte Arbeitnehmer gegenüber dem Dritten einen Rechtsanspruch auf Auszahlung der Pension besitze, flössen dem Arbeitnehmer durch die Zuwendung des Arbeitgebers Leistungen aus einem Dienstverhältnis zu. Es sei wirtschaftlich die Fiktion des abgekürzten Zahlungsweges anzunehmen. Von Bedeutung sei dabei, dass die … A Sport GmbH die Pensionsverpflichtung gegen Leistung eines Ablösungsbetrages übernommen habe, ohne das bisherige Anstellungsverhältnis als neue Arbeitgeberin fort zu führen. Unerheblich sei, ob die Übertragung der Pensionsverpflichtung auf den Dritten unter Ausübung eines Wahlrechts des pensionsberechtigten Arbeitnehmers erfolge oder nicht, da die Rechtssprechung des Bundesfinanzhofs ohnehin regelmäßig von st...

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