Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Umsatzsteuervorauszahlung; Erklärungspflicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Haftung eines Geschäftsführers kann nicht damit begründet werden, dass er aufgrund seiner Mittelvorsorgepflicht zu einem früheren Zeitpunkt den Geschäftsbetrieb habe einstellen bzw. die Eröffnung des Konkursverfahrens habe beantragen müssen, mit der Folge, dass die konkrete Steuerschuld erst gar nicht entstanden wäre.

 

Normenkette

UStG § 18 Abs. 1 S. 1; AO § 191 i.V.m. §§ 34, § 69

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 07.09.2007; Aktenzeichen VII B 181/06)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als Geschäftsführer für Umsatzsteuerschulden der Firma Q GmbH (nachfolgend GmbH) haftet.

Gegenstand der mit Gesellschaftsvertrag vom 03.07.1991 gegründeten GmbH waren die Entwicklung, die Herstellung und der Vertrieb von elektronischen und sonstigen elektronischen Geräten sowie alle artverwandten Geschäfte, die dem Gesellschaftszweck dienlich sind. An der GmbH waren zuletzt der Kläger, die Firma T GmbH und ein Herr C beteiligt. Geschäftsführer der GmbH war zuletzt der Geschäftsführer der Firma T GmbH, ein Herr D T.

Der Kläger hatte sein Amt als Geschäftsführer durch notariell beglaubigte Erklärung vom 18.08.1999 mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister niedergelegt. Nachdem es am folgenden Tag zu einer Auseinandersetzung mit dem Mitgeschäftsführer T gekommen war, erklärte der Kläger diesem gegenüber die sofortige Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer. Die Erklärung wurde im Anschluss an die Auseinandersetzung schriftlich fixiert und am 20.08.1999 sowohl Herrn T in seiner Funktion als Geschäftsführer der Firma T GmbH als auch Herrn C persönlich übergeben. Die Eintragung der Amtsniederlegung in das Handelsregister erfolgte am 15.10.1999.

Die GmbH stellte Ende Januar 2000 den Geschäftsbetrieb ein. Bereits am 06.01.2000 war erstmals durch einen der Gläubiger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragt worden. Mit Beschluss vom 05.05.2000 – … – eröffnete das Amtsgericht L das Insolvenzverfahren gegen die GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren wegen verspäteter Insolvenzanmeldung wurde am 15.04.2002 gemäß § 153 Strafprozessordnung eingestellt.

Der GmbH war für die Einreichung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen Dauerfristverlängerung von einem Monat gewährt worden. Für den Monat 07/1999 reichte die GmbH am 22.09.1999 die Umsatzsteuer-Voranmeldung ein. Aus der Voranmeldung ergaben sich folgende Umsätze, Vorsteuer- und Steuerbeträge:

Zeitraum

Umsätze

Vorsteuer

USt-VZ

DM

DM

DM

07/1999

486.612

29.077,06

48.551,07

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung 07/1999 wurde in Höhe von 29.664,17 DM getilgt. In der Summe ergab sich für 07/1999 ein rückständiger Betrag von 18.886,90 DM (9.656,72 EUR).

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens der GmbH übersandte der Beklagte dem Insolvenzverwalter am 23.06.2000 eine Umsatzsteuerberechnung für das Kalenderjahr 1999 als Grundlage für die Anmeldung zum Forderungsverzeichnis. Dabei hatte er eine Erhöhung um die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) rückgängig gemachten Vorsteuerbeträge i.H.v. 134.344,– DM vorgenommen.

Mit Haftungsbescheid vom 26.08.2002 nahm der Beklagte den Kläger neben dem Mitgeschäftsführer T für Umsatzsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 23.067,95 EUR nach § 191 i.V.m. §§ 34, 69 AO in Haftung. Die der Haftung zugrunde liegenden Steuerschulden gliederten sich wie folgt auf:

Steuerart/-abschnitt

fällig am

Betrag

Säumniszuschläge

EUR

EUR

Umsatzsteuer 07/1999

22.09.1999

9.656,72 EUR

1.443,35 EUR

Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 07/1999

18.10.1999

2.280,36 EUR

Umsatzsteuer 05/1999

1.151,94 EUR

Umsatzsteuer 06/1999

63,91 EUR

Vorsteuerkorrektur laut Umsatzsteuerberechnung

Haftungsrechtlich zuzuordnen der

Umsatzsteuer 07/1999

Umsatzsteuer 06/1999

8.471,67 EUR

Summe:

21.624,60 EUR

1.443.35 EUR

Zur Begründung des Haftungsbescheides führte der Beklagte aus, dass der Kläger bis zur Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer am 20.08.1999 verpflichtet gewesen sei, die steuerlichen Pflichten der GmbH zu erfüllen. Dies sei nicht geschehen. Denn der Kläger habe seine Mittelvorsorgepflicht grob fahrlässig verletzt, weil er die Geschäfte der GmbH fortgeführt habe, obwohl diese überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei. Wer wisse, dass er keine Zahlungsmittel mehr habe oder Verbindlichkeiten eingehe, die er nicht werde begleichen können, müsse für den Schaden, der durch die weitere Geschäftstätigkeit entstehe, in vollem Umfang einstehen. Der Geschäftsführer einer GmbH, der trotz Kenntnis der Insolvenzreife der Gesellschaft deren Geschäfte weiter betreibe, könne dem Risiko einer Haftungsinanspruchnahme nur dann entgehen, wenn er die aus diesen Geschäften resultierenden Steuern bezahle (Hinweis auf Bundesfinanzhof – BFH – in BFH/NV 1997, 7). Bei der GmbH müsse davon ausgegangen werden, dass sie spätestens seit Ende April 1999 überschuldet und zahlungsu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Finance Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge