Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenersatzzahlung aufgrund Schlechtleistung
Leitsatz (redaktionell)
Hat ein Besteller die geschuldete Vergütung zunächst in voller Höhe gezahlt und erst danach aufgrund aufgetretener Mängel von dem leistenden Unternehmer Schadensersatz verlangt, führt die Schadenersatzzahlung zu einer Minderung des Entgelts.
Normenkette
UStG § 10 Abs. 1 S. 1; BGB a.F. §§ 634-635; UStG § 17 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein von der Klägerin im Streitjahr vereinnahmter Geldbetrag in Höhe von 153.387,56 EUR (300.000,– DM) als Entgeltminderung zu behandeln ist und gemäß § 17 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) zu einer Berichtigung abziehbarer Vorsteuerbeträge um 21.156,90 EUR führt.
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der mit ihr verschmolzenen … Porzellanmanufaktur GmbH (WP). Die WP schloss unter dem … 1993 mit der … Hoch- und Ingenieurbau AG (… AG) einen Bauvertrag über die Errichtung eines Betriebsgebäudes zu einer Vergütung von 4.800.000 DM zzgl. Umsatzsteuer. Auf die Kopie des Vertrages in den Gerichtsakten wird verwiesen (Bl. 66 ff.). Das Bauwerk wurde am … 1994 abgenommen. Im Jahr 1997 und danach kam es zu Streitigkeiten wegen diverser Baumängel zwischen der WP und der … AG bzw. später zwischen der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der WP und der … AG. Die Mängel sind in einem umfangreichen Aktenvermerk der Klägerin vom 08.09.1997 vermerkt, auf dessen Kopie in der Gerichtsakte verwiesen wird (Bl. 94 ff.). Zur Unterbrechung der Gewährleistungsfristen stellte die Klägerin am … 1998 einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beim Landgericht …. (Az. 89 OH 5/98). Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. … kam in seinen Gutachten vom … 2000 und vom … 2001 (B. 121 f. GA) hinsichtlich der Schadenshöhe zu folgenden Feststellungen:
Mängelbeseitigungskosten 140.994,10 DM (27,79 %)
Wertminderungskosten 366.311,00 DM (72,21 %)
Gesamtkosten netto 507.305,10 DM (100 %)
Bei den Mängelbeseitigungskosten handelte es sich um Kosten, die zur Beseitigung der festgestellten Mängel aufzuwenden gewesen wären. Bei den Wertminderungskosten handelte es sich um den Minderwert der Bauleistung – ermittelt anhand der Gebrauchsnachteile bzw. anhand des herabgesetzten Verkauf- und Beleihungswerts. Eine Mängelbeseitigung wäre zwar technisch möglich gewesen, jedoch wäre sie mit einem für den Auftragnehmer wirtschaftlich unverhältnismäßigen Aufwand verbunden gewesen.
Am … 2002 unterzeichneten die Klägerin und die … AG, jeweils vertreten durch ihre Geschäftsführer, eine Vergleichsvereinbarung, nach der die … AG der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der WP „noch einen Betrag in Höhe von 300.000,00 DM / 153.387,56 EUR” zahlen sollte, um damit den „Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche” herbeizuführen. Diesen Betrag zahlte die … AG vereinbarungsgemäß an die Klägerin. Die festgestellten Mängel an dem Bauwerk wurden nicht beseitigt. Eine Kopie der Vereinbarung, auf die verwiesen wird, befindet sich bei den Steuerakten des Beklagten (Hefter Rechtsbehelfsverfahren).
Die Klägerin behandelte die Zahlung der … AG in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuerjahreserklärung des Streitjahres als nichtsteuerbaren Schadensersatz. Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung … führte im Jahr 2006 eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2001 – 2004 durch. Die Betriebsprüfung kam zu der Auffassung, dass die Zahlung der … AG an die Klägerin als Entgeltminderung zu behandeln sei. Dementsprechend seien die abziehbaren Vorsteuerbeträge der Klägerin im Streitjahr gemäß § 17 Abs. 1 UStG um den Betrag von 21.156,90 EUR zu mindern (vgl. Bericht vom 29.12.2006 in den Steuerakten – Betriebsprüfungsakte Veranlagungsstelle – des Beklagten).
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und korrigierte die Umsatzsteuer 2002 durch Bescheid vom … 2007 gemäß § 164 Abs. 2 AO.
Dagegen legte die Klägerin am … 2007 Einspruch ein.
Ihrer Auffassung nach sei der gesamte Betrag als steuerfreier „echter Schadensersatz” zu behandeln. Gleichzeitig schlug sie vor, zur Vermeidung eines langjährigen Streits vor dem Finanzgericht den strittigen Betrag im Verhältnis 27,79 zu 72,21 aufzuteilen und eine Vorsteuerkürzung von 5.880,09 zu akzeptieren (27,79 % von 153.387,56 EUR = 42.630,– EUR; darin enthaltene Vorsteuer = 5.880,– EUR).
Der Beklagte lehnte den Vorschlag der Klägerin ab und wies den Einspruch durch Einspruchentscheidung vom … 2007 als unbegründet zurück. Der Bundesfinanzhof (BFH) führe in seinem Urteil vom 16.01.2003 V R 72/01, BStBl II 2003, 620 aus, für die Höhe des Entgelts sei maßgebend, welches Entgelt der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß für die Leistung aufwende. Dem entspreche es, dass das zunächst vereinbarte Entgelt durch eine nachträgliche Vereinbarung mit umsatzsteuerlicher Wirkung verändert werden könne, so dass die Leistung des Unternehmers letztendlich nur mit der Beme...