rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sog. 1%-Regelung auch bei Gebrauchtwagen verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die sog. 1%-Regelung ist nicht verfassungswidrig, auch wenn sie im Einzelfall dazu führen kann, dass keine Betriebsausgaben steuerlich berücksichtigt werden, obwohl das Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt worden ist.

2) Die 1%-Regelung ist ein bloßer Berechnungsmodus und hat daher keinen Einfluss auf die Zuordnung eines Fahrzeugs zum Betriebs- oder Privatvermögen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 4, 4 S. 2, Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.07.2003; Aktenzeichen XI B 4/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der sog. 1%-Regelung.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte aus einer Glaserei. Zum Betriebsvermögen des Klägers gehörte ein im Jahr 1982 angeschaffter Pkw Mercedes-Benz, der auf den Erinnerungswert von 1 DM abgeschrieben war. Die Kfz-Kosten des Streitjahrs insgesamt beliefen sich lt. Gewinnermittlung auf 2.787 DM, von denen 895 DM vorsteuerbelastet waren. In der Gewinnermittlung erklärte der Kläger die Entnahme vorsteuerbelasteter sonstiger Leistungen in Höhe von 656 DM und die Entnahme nicht vorsteuerbelasteter sonstiger Leistungen in Höhe von 946 DM, insgesamt also 1.602 DM. Insgesamt erklärte der Kläger für das Streitjahr einen Gewinn von 19.049 DM.

Der Beklagte folgte diesen Angaben im angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 22. März 1998 nicht. Er erhöhte die Entnahme sonstiger Leistungen um 1.185 DM auf die erklärten Kfz-Gesamtaufwendungen von 2.787 DM. Zur Begründung führte er aus, das Gesetz enthalte keine Regelung für Fälle, in denen die tatsächlichen Kfz-Gesamtaufwendungen geringer seien als der pauschalierte Entnahmewert im Rahmen der 1%-Regelung. Deshalb sei der Entnahmewert im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 12. Mai 1997 IV B 2 – S 2177 – 29/97, BStBl I 1997, 562 auf die Kfz-Gesamtaufwendungen von 2.787 DM zu begrenzen. Eine darüber hinausgehende weitere Kostendeckelung auf beispielsweise 50% der Gesamtaufwendungen sei durch diese Billigkeitsregelung nicht gedeckt.

Der Einspruch, mit dem die Kläger die Begrenzung der Nutzungsentnahme auf 50% der Kfz-Gesamtaufwendungen begehrten, blieb ohne Erfolg. Die Kläger machen geltend, nach der Rechtsauffassung des Beklagten würden sie so behandelt, als sei das Kfz zu 100% privat genutzt worden, obwohl das Kfz zu über 50% betrieblich genutzt worden sei. Dann aber dürfte das Fahrzeug konsequenterweise nicht als Betriebsvermögen angesehen, sondern müsste als Privatvermögen behandelt werden. Die Auffassung der Finanzverwaltung führe daher zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sei jedenfalls insoweit verfassungswidrig, als es um die Bewertung der Nutzungsentnahme bei Gebrauchtwagen gehe.

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 25. März 1998 in Form der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 1998 dahin zu ändern, dass die private Kfz-Nutzung mit 1.393 DM (946 DM nicht vorsteuerbelastet und 447 DM vorsteuerbelastet) berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Die pauschale Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG verstößt auch bei Gebrauchtfahrzeugen nicht gegen den Gleichheitssatz.

1. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1% des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Abweichend davon kann die private Nutzung nach Satz 3 der Vorschrift mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Da der Kläger ein solches Fahrtenbuch nicht geführt hat, war die 1%-Regelung anzuwenden.

2. Die pauschalierende sog. 1%-Regelung ist verfassungsgemäß.

a) Der Senat lässt offen, ob der Gesetzgeber überhaupt verpflichtet wäre, den Abzug von Betriebsausgaben für ein Kfz zuzulassen, wenn der betriebliche Nutzungsanteil nicht durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nachgewiesen wird, oder ob er gemäß dem Aufteilungs- und Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG den Abzug ganz ausschließen könnte. Jedenfalls darf der Gesetzgeber in solchen Fällen typisierende oder pauschalierende Regelungen für den Betriebsausgabenabzug treffen. Dies ist in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG geschehen. Der erkennende Senat macht sich insoweit die grundlegenden Ausführungen des III. Senats des BFH zur Verfassungsmäßigkeit widerlegbarer gesetzlicher Typisierungen zu Eigen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273 für einen Fa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Finance Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge