Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßige Arbeitsstätte - "qualitativer Schwerpunkt" der Tätigkeit bei Klärwerksmitarbeitern im Außendienst
Leitsatz (redaktionell)
Das Zentralklärwerk, das ein Klärwerksmitarbeiter im Außendienst arbeitstäglich aufsucht, um dort eine für die weitere Tätigkeit unentbehrliche Kontrolle der Pumpstation vorzunehmen, Störungen zu dokumentieren und Wartungsarbeiten auf andere Mitarbeiter zu verteilen, ist für ihn regelmäßige Arbeitsstätte.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Streitjahr eine regelmäßige Arbeitsstätte inne hatte.
Der Kläger erzielte 2010 nichtselbstständige Einkünfte als Mitarbeiter der Stadtbetriebe A im Bereich der Abwasseranlagen. Sein Aufgabengebiet umfasste im Wesentlichen die notwendigen Arbeiten zur Sicherstellung des Abwassertransports in den Klärwerken der Stadt A. Er und ein weiterer Kollege waren als 2er-Team für ca. ein Drittel der von der Stadt betriebenen 145 Sonderbauwerke, davon 71 Pumpwerke, verantwortlich. Zur Erfüllung dieser Pflichten mussten regelmäßig Funktionskontrollen der Anlagen und Wartungsarbeiten durchgeführt werden, wie z.B. Reinigungsarbeiten, Beseitigung von Verstopfungen und Funktionsstörungen, Fehlersuche, Abschmierarbeiten, Reparaturen und Dokumentation der ausgeführten Tätigkeiten. Neben dieser Arbeit in den Sonderbauwerken waren der Kläger und sein Kollege für die Wartung des ca. 425 Kilometer umfassenden Kanalnetzes der Stadt A zuständig.
Der „normale” Arbeitstag des Klägers begann gegen 6:45 Uhr im Zentralklärwerk der Stadt A. Dort befanden sich unter anderem Sozial- und Umkleideräume. Nach einem Wechsel der Kleidung und einer Kontrolle der Pumpstationen am Leitsystem der Kläranlage, auf dem die Störungen der im A Stadtgebiet verteilten abwassertechnischen Anlagen angezeigt wurden, erfolgte die Dokumentation aller Auffälligkeiten und Störungen und anschließend die Verteilung der Wartungsarbeiten auf die entsprechenden Mitarbeiter. Etwa eine halbe Stunde später verließ der Kläger das Zentralklärwerk um mit seinem Teamkollegen im Firmenwagen zu den jeweiligen Einsatzorten zu fahren und dort die Kontroll-, Wartungs- und/oder Reparaturarbeiten durchzuführen. Gegen ca. 15:30 Uhr erfolgte die Rückkehr zum Zentralklärwerk und die nochmalige Überprüfung des Leitsystems auf Störungen. Anschließend wechselte der Kläger nach einer Dusche die Kleidung und beendete ca. 15-20 Minuten nach der Rückkehr zum Zentralklärwerk seinen Arbeitstag. Nach den Angaben des Arbeitgebers des Klägers (Zitat), „dürfte der Zeitraum, in dem sich der Mitarbeiter auf dem Gelände der KA aufhält etwa 25 % seiner Arbeitszeit ausmachen”. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Stadt A an den Beklagten vom 10. Juni 2012 in der Rechtsbehelfsakte verwiesen.
In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger für die arbeitstäglichen Fahrten zum Zentralklärwerk im Rahmen einer Auswärtstätigkeit Fahrtkosten i.H.v. 2.688 € geltend (224 Arbeitstage * 20 km * 0,6 €/Km).
Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 20. Januar 2012 setzte der Beklagte die Fahrten i.H.v. 672 € an. Zur Begründung führte er aus, da der Kläger das Vorliegen einer Auswärtstätigkeit nicht nachgewiesen habe, seien die Fahrten mit der Entfernungspauschale abgegolten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Einkommensteuerbescheid vom 20. Januar 2012 verwiesen.
Den hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 7. Januar 2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in den Urteilen vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, VI R 36/10 und VI R 58/09 sowie R. 9.4 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinien liege eine regelmäßige Arbeitsstätte dann vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsvertraglichen Pflichten einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet sei oder in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers arbeitstäglich, oder einen vollen Arbeitstag, oder mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden solle. Nach den Angaben der Stadt A habe der Zeitraum, in dem sich der Kläger und seine Kollegen auf dem Gelände der Zentralkläranlage aufgehalten hätten, etwa 25 % der Arbeitszeit betragen. Daher habe der Kläger dort eine regelmäßige Arbeitsstätte inne gehabt.
Hiergegen hat der Kläger am 6. Februar 2013 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, er habe arbeitstäglich mehrere Einsatzorte aufgesucht, an denen er seine Haupttätigkeiten verrichtet habe. Das treffe auch auf seine Arbeiten am Zentralklärwerk zu, in dem er zusätzlich noch geringfügige Nebentätigkeiten ausgeführt habe (bspw. Dusche und Kleiderwechsel). Ein Arbeitnehmer, der mehrere Einsatzorte habe, begründe nur dann eine regelmäßige Arbeitsstätte, wenn ein Tätigkeitsort in qualitativer Hinsicht einen Mittel- oder Sch...