Entscheidungsstichwort (Thema)
Willkürakt bei elektronischer Buchführung
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, welche Anforderungen an die Dokumentation des Widmungsaktes bei der Willkürung von Wertpapieren als Betriebsvermögen im Rahmen der elektronischen Buchführung zu stellen sind.
Normenkette
EStG §§ 5, 4 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Wertpapieren als Sonderbetriebsvermögen.
Die Klägerin wurde im Jahre 2006 mit dem Ziel des gewerblichen Grundstückshandels gegründet. Gesellschafter zu gleichen Teilen sind Frau … (J) und Herr … (S). Ihr erstes Objekt kaufte und verkaufte sie im Jahr 2006. Mit Kaufvertrag vom 20.12.2006 kaufte sie ein weiteres Objekt, das Mehrfamilienhaus 1 Die Finanzierung erfolgte über die … Bank. Die … Bank verlangte weitere, über den Beleihungswert des Objektes hinausgehende Sicherheiten. Daher stellte die Gesellschafterin J ihr Wertpapierdepot als zusätzliche Sicherheit zur Verfügung. Insoweit wird auf den Darlehensvertrag vom 12.12.2006 (BI. 42 f. GA) verwiesen. Dort ist unter der Überschrift „Sicherheitenergänzung” vermerkt:
„Verpfändung der Rechte und Anspruche aus einem bei der … AG Filiale … noch neu zu eröffnenden Wertpapierdepot mit der voraussichtlichen Depot Nr. …. Der Kurswert des Depots mussmindestens EUR … betragen. Es gilt als vereinbart, dass in diesem Depot nur Wertpapiere verwahrt/gekauft werden, die nach den internen … Bewertungsvorschriften einen Beleihungswert von mindestens 60 % aufweisen”.
Das Objekt 1 …. veräußerte die Klägerin mit Vertrag vom 30.8.2007. Die Kaufpreiszahlung erfolgte zum 17.11.2007 und der Besitzübergang zum 20.11.2007. Im Anschluss daran erwarb die Klägerin ein weiteres Objekt 2 …. Auch dieser Kauf wurde wieder über ein Darlehen der … AG finanziert. Im Darlehensvertrag vom 27.3.2008, auf den im Übrigen verwiesen wird (BI. 120 ff. GA), ist in der Rubrik „Sicherheitenergänzung” vermerkt:
„Verpfändung … Depot: Wir bestätigen ihnen, dass eine Umschichtung des an uns verpfändeten Depots in konservative Anlageformen (z.B. Festgeld) bzw. eine konservative Vermögensverwaltung in unserem Hause möglich ist. Es gilt als vereinbart, dass die entsprechenden Konten/Depots dann ebenfalls als Sicherheit für ihre Immobiliendarlehen dienen.”
Die Klägerin bilanzierte in den Bilanzen zum 31.12.2007 und 31.12.2008, deren Aufstellungsdatum den Aktenausfertigungen (Bilanzakte) nicht zu entnehmen ist, das Wertpapierdepot im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafterin J. Ausweislich der Gewinnund Verlustrechnung erzielte die Gesellschafterin J im Sonderbereich im Jahr 2007 einen Gewinn i.H.v. …€ und im Jahr 2008 einen Verlust i.H.v. … €. Für das Jahr 2007 gab die Klägerin zunächst am 25.3.2009 eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung (Feststellungserklärung) ab, der nur eine Gewinnermittlung für das Gesamthandsvermögen beigefügt war. Mit Schreiben vom 26.5.2009 (Feststellungsakte) reichte sie eine geänderte Anlage FE sowie eine Sonderbilanz nach, in denen der vorgenannte Gewinn berücksichtigt war. In der am 13.7.2009 abgegebenen Feststellungserklärung 2008 setzte sie einen Verlust im Sonderbereich i.H.v. … € an, korrigierte diesen jedoch mit Schreiben vom 27.7.2009 auf … €.
Der Beklagte berücksichtigte die Sonderbetriebseinnahmen bzw. Sonderbetriebsausgaben in den Feststellungsbescheiden 2007 vom 18.6.2009 und 2008 vom 1.9.2009 zunächst entsprechend den Angaben der Klägerin. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Rahmen einer bei der Klägerin aufgrund Prüfungsanordnung vom 21.9.2010 durchgeführten Betriebsprüfung u.a. für die Feststellungen 2006 bis 2008 kam der Prüfer bezüglich des Wertpapierdepots zu der Auffassung, dass dieses kein Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafterin J darstelle. Die Wertpapiere könnten zwar gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafterin sein. Erforderlich sei dafür jedoch eine rechtzeitige klare und eindeutige Dokumentation eines entsprechenden Widmungswillens. Eine Einlage in das Sonderbetriebsvermögen scheide aber aus, wenn zum Zeitpunkt der Einlagebuchung feststehe, dass die Wertpapiere nur noch Verluste brächten.
Für die Zeit bis zum Abschluss des Darlehensvertrages vom 27.3.2008 bestünden bereits Zweifel, ob die Aktien überhaupt Sonderbetriebsvermögen sein könnten, weil es ohne Kredit keinen Bedarf für eine zu stellende Sicherheit gegeben habe.
Bei Prüfung der Buchführung stellte der Prüfer anhand der ihm elektronisch übermittelten Buchführung fest, dass in den Jahren 2006 bis 2008 die elektronische Buchführung der Klägerin nicht festgeschrieben wurde (vgl. Nachweise Bl. 252 ff. BP-Akte).
Eine Buchführung ohne Festschreibung sei zum Nachweis der Einlagebuchung aber nicht geeignet. Die Klägerin habe so die Möglichkeit gehabt, die Einlagebuchung erst nach dem Eintritt der Kursverluste vorzunehmen ode...