Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Umsätzen aus Supervisionsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1) Umsätze aus Supervisionsleistungen sind nicht steuerfrei gemäß § 4 Nr. 14 UStG.
2) Supervisionen stellen keine ähnliche heilberufliche Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Sie sind keine Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die zu dem Zweck der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen werden.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1, 1 Nr. 1; UStG § 4 Nr. 14
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist Dipl.-Psychologe und ist als nicht ärztlicher Psychotherapeut selbständig tätig. Er besitzt gem. § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes die Erlaubnis, die Heilkunde ohne Bestallung (nur Psychotherapie) berufsmäßig auszuüben. Er hat darüber hinaus gemäss den Übergangsregelungen des Psychotherapeutengesetzes Anfang 1999 die Approbation als psychologischer Psychotherapeut erhalten und ist zudem seit dem 16.08.1999 als psychologischer Psychotherapeut vom Zulassungsausschuss bei der kassenärztlichen Vereinigung (KV) A in B-Stadt zur Abrechnung seiner Heilbehandlungen mit den Krankenkassen über die KV zugelassen (auf die zu den Gerichtsakten gereichte Approbationsurkunde vom 09.02.1999 wird hier verwiesen). Neben der heilkundlichen Tätigkeit aufgrund ärztlicher Zuweisung von Patienten führt er psychologische Supervisionen für diverse Einrichtungen wie z. B. den C oder aber den D durch. Teilnehmer dieser Supervisionen sind Therapeuten dieser Einrichtungen. Die Leistungen wurden direkt mit den o.g. Verbänden abgerechnet, die diese Leistungen dann teilweise in ihre Tagessätze einkalkulieren. An den Supervisionssitzungen nehmen in der Regel 5 – 12 Personen teil, wobei es sich regelmäßig um Arbeitsteams (etwa alle Angehörigen einer Krankenhausstation) handelt, die die Supervisionen während ihrer Arbeitszeit besuchen und deren Teilnahme obligatorisch ist. Nur etwa 10 % der streitbefangenen Umsätze werden aus Einzelsupervisionen erzielt und entsprechend an die jeweiligen Teilnehmer privat abgerechnet, die diese Rechnungen dann bei ihrem Arbeitgeber einreichen. Bei den Gruppensupervisionen werden die aktuellen Probleme der Teilnehmer, die in Bezug zu ihrer Arbeit stehen, abgefragt. In der Folge werden dann je nach Häufigkeit und Schwere der Problemstellungen Schwerpunkte gebildet und dann die Lösung der entsprechenden Problembereiche diskutiert. Es handelt sich nach den unwidersprochenen Einlassungen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung um einen gruppendynamischen Prozess, bei dem es darum geht, zu erkennen, welche Arbeitssituationen aufgrund der spezifischen seelischen Struktur des Einzelnen Nöte auslöst.
Im Jahre 1996 führte der Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die vom Kläger erzielten Umsätze aus der Durchführung von Supervisionen nicht gem. § 4 Nr. 14 S. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerbefreit seien, da sie nicht der unmittelbaren Ausübung der Heilkunde dienen würden. Der Prüfer behandelte dementsprechend die in den Streitjahren erzielten Umsätze aus der Durchführung von Supervisionen als steuerpflichtig, ließ jedoch steuermindernd anteilige Vorsteuern zum Abzug zu. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Inhalt des Betriebsprüfungsberichts vom 25.6.1996, insbesondere die Anlagen 1 und 2, Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 30.07.1996 gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Dies führte zu Umsatzsteuernachforderungen in Höhe von 2.672,40 DM für 1990, 2.978,30 DM für 1991, 5.623,50 DM für 1992 und 3.930,– DM für 1993. Mit den Änderungsbescheiden vom 30.07.1996 setzte der Beklagte zugleich Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer 1990 bis 1993 fest, die sich für 1990 auf 624,– DM, für 1991 auf 580,– DM, für 1992 auf 784,– DM und für 1993 auf 312,– DM beliefen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger gegen die Umsatzsteuerbescheide 1990 bis 1993 Klage erhoben. Zur Begründung verweist der Kläger zunächst vollumfänglich auf die Begründung seines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung mit Schriftsatz vom 20.04.1998 sowie seine Einspruchsbegründung vom 22.08.1996. Er weist zudem darauf hin, dass die Begriffe „Patient” bzw. „Klient” jedenfalls von Psychologen synonym verwendet würden. Auch verkenne der Beklagte, dass Supervision sehr wohl eine Tätigkeit sei, die mit einem bestimmten Patienten zu tun habe. Nach seiner, des Klägers, eigenen Definition sei Supervision die Psychotherapie eines Psychotherapeuten, der andernfalls durch seine therapeutische Arbeit selbst vergiftet, also krank werde. Supervision sei damit ein integraler Bestandteil der Psychotherapie, so wie der Einsatz des Anästhesisten und des Hystologen integraler Bestandteil einer Operation sei, die ein Chirurg durchführe. Dieses Bild könne ebenfalls die not...