Entscheidungsstichwort (Thema)
Weitergabe von Provisionen an Versicherungsnehmer. Begriff der sonstigen Leistungen. Einkommensteuer 1995
Leitsatz (amtlich)
1. Für einen Versicherungsnehmer, der beim Abschluss einer Lebensversicherung vom Versicherungsvertreter einen Teil von dessen Abschlussprovision erhält, stellt diese Zahlung eine Beitragsminderung auf die Versicherungsprämien dar und muss nicht im Rahmen der sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG versteuert werden (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 27.5.1998 X R 94/96, BStBl II 1998, 619).
2. § 22 Nr. 3 EStG soll nicht eine lückenlose Erfassung aller „Leistungen” herbeiführen; danach sollen nur solche Tatbestände besteuert werden, die den anderen Einkunftsarten wirtschaftlich entsprechen, ohne mit ihnen formell übereinzustimmen, also z. B. Leistungen, die eine Erwerbstätigkeit oder eine Aufgabe der Vermögensnutzung ohne Aufgabe der Vermögenssubstanz darstellen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 7
Nachgehend
Tenor
1. Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1995 vom 13. September 1999 in Gestalt des geänderten Einkommensteuerbescheids 1995 vom 8. August 2000 und der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2001 wird die Einkommensteuer 1995 auf 230.536,40 EUR (= 450.890 DM) festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Ehegatten, die von dem Beklagten (dem Finanzamt) im Streitjahr 1995 mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger ist von Beruf Konditormeister.
Der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger von der … GmbH (… GmbH) am 5. Mai 1995 einen Scheck über 37.000 DM erhalten hat. Dieser Betrag war eine Provisionsabtretung der 11 GmbH für eine vom Kläger bei der … Lebensversicherung AG abgeschlossene Lebensversicherung.
Der Prüfer rechnete diese Zahlung den sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG zu. Das Finanzamt schloss sich der Rechtsauffassung des Prüfers an. Im Einkommensteuerbescheid 1995 vom 13. September 1999 sind sonstige Einkünfte in Höhe von 37.000 DM angesetzt.
Dagegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage. Zur Begründung wird auf die BFH-Entscheidung vom 27. Mai 1998 (BStBl II 1998, 619) verwiesen. Darin habe der BFH ausgeführt, dass Eigenprovisionen auch dann als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare Einnahmen sein könnten, wenn sie nur aus einmaligem Anlass und nur für die Vermittlung von Eigenverträgen gezahlt würden. Dem habe der Sachverhalt zugrunde gelegen, dass Provisionszahlungen auf einem geschlossenen Mitarbeitervertrag beruht hätten, wonach dieser als selbständiger Gewerbetreibender zur Vermittlung von Versicherungen, Bausparverträgen u.s.w. verpflichtet gewesen sei und für die vermittelten Anträge eine Abschlussprovision erhalten sollte. Hier habe der BFH erkannt, dass die Provisionszahlung die nach dem Vertrag geschuldete Gegenleistung gewesen sei, d. h. wegen des hierdurch begründeten sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs zu der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Leistung ein steuerbares Leistungsentgelt im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 22 Nr. 3 EStG vorläge. Der BFH habe ausdrücklich hervorgehoben, dass die Eigenprovision aufgrund eines Mitarbeitervertrags bezahlt worden sei und aufgrund des Vertrages der Mitarbeiter sich zur Vermittlung von Abschlüssen verpflichtet und insofern auch einen Provisionsanspruch gehabt habe.
Im Streitfall habe der Kläger die Absicht gehabt, eine Lebensversicherung abzuschließen. Hierbei habe er sich erkundigt, bei welchem Agenten er für eine Ablaufleistung von 1.200.000 DM die geringsten Beiträge zahlen müsse. Er habe die Agenten aufgefordert, einen Provisionsnachlass zu gewähren. Bei der Fa. … GmbH sei der Nachlass am höchsten gewesen.
Vergleichbar sei die Situation beim Autokauf. Der Mercedes-Vertragshändler sei selbständiger Handelsvertreter. Er gebe bei einem Preisnachlass von seiner Maximalprovision einen Teil an den Kunden ab. Hier bestehe Einigkeit, dass es sich um einen Preisnachlass handele.
Die Kläger beantragen,
die Provisionszahlung in Höhe von 37.000 DM nicht als sonstige Einkünfte zu erfassen und unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1995 vom 13. September 1999 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 8. August 2000 und der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2001 die Einkommensteuer 1995 entsprechend festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung verweist es...