Entscheidungsstichwort (Thema)
Zivilprozesskosten infolge von Erbschaftsstreitigkeiten grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen. kein Schuldzinsenabzug einer Miteigentümerin einer Immobilie trotz behaupteter Absicht zum Erwerb des Alleineigentums und der Vermietung der Immobilie infolge des Fehlens eines konsequenten auf eine Vermietung gerichteten Verhaltens
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Kosten eines Zivilprozesses sind im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen i. S. d. § 33 EStG, es sei denn, der Rechtsstreit berührt einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens und es bestünde für den Steuerpflichtigen die Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, wenn er sich nicht auf den Prozess einließe. Letzteres trifft für Aufwendungen infolge Erbschaftsstreitigkeiten einschließlich der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft regelmäßig nicht zu.
2. Sind Eltern Miteigentümer einer Wohnimmobilie und erben nach dem Tod eines Elternteils der andere Elternteil und die Kinder den hälftigen Miteigentums des Erblassers sowie nach dem Tod auch des zweiten Elternteils nur ein Teil der Kinder den zweiten Miteigentumsanteil, so besteht keine Einkunftserzielungsabsicht der Eigentümergemeinschaft im Hinblick auf eine künftige Vermietung der Immobilie, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zwischen den zerstrittenen Miteigentümern weder nach dem Tod des ersten noch nach dem Tod des zweiten Elternteils ein grundsätzliches Einverständnis über eine Vermietung bestand.
3. Hat die – mit allen anderen Erben völlig zerstrittene – Miterbin (Klägerin) im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs mit den Miterben nach dem Tod des ersten Elternteils dessen Miteigentumsanteil erworben, nutzt der andere Miteigentümer-Elternteil die Immobilie jedoch bis zu seinem Tod weiter zu eigenen Wohnzwecken und schließt er die Klägerin ausdrücklich von der Erbfolge aus, so dass nur ihre Geschwister nach dem Tod auch des zweiten Elternteils dessen Miteigentumsanteil erben, und sind ihre Geschwister nicht zu einer Vermietung oder einem Verkauf ihres Miteigentumsanteils bereits, so kann die Steuerpflichtige auch dann keinen Schuldzinsenabzug im Hinblick auf eine geplante Vermietung geltend machen, wenn sie zwar die Absicht des Erwerbs des Alleineigentums und der Vermietung der Immobilie geltend macht, jedoch insgesamt in einem Zeitraum von über 13 Jahren permanenter Rechtsstreitigkeiten mit ihren Geschwistern bzw. deren Betreuern kein konsequentes, den Schluss auf eine Vermietungsabsicht zulassendes Verhalten an den Tag legt, zudem nach ihren finanziellen Möglichkeit nicht zum Erwerb bzw. zur Finanzierung des vollständigen Eigentums an der Immobilie in der Lage ist, die von ihren Geschwistern letztlich eingeleitete Zwangsversteigerung trotz gerichtlicher Bemühungen nicht verhindern kann und in der Zwangsversteigerung aus finanziellen Gründen nicht zur Abgabe des Meistgebots in der Lage ist.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-2, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen im Streitjahr 2007 abziehen kann.
Die Klägerin wurde im Streitjahr einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erklärte im Streitjahr neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünften aus Kapitalvermögen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Gebäude in der T-Straße 1a in A, eingetragen im Grundbuch von A, das im Jahr 1966 errichtet worden war. Es verfügte nach Angaben der Klägerin über eine Wohnfläche von etwa 100 m² und über eine Grundfläche von 152 m². Die erklärten Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung lagen bei 0 EUR und die erklärten Werbungskosten bei 6.898 EUR.
Das Anwesen in A befand sich zunächst im hälftigen Miteigentum der Eltern der Klägerin. Diese hatten insgesamt sechs Kinder. Nachdem die Mutter der Klägerin, I, am 27. Dezember 1993 verstorben war, wurde sie durch die Klägerin, die unter Betreuung stehenden Kinder HJ, E, K sowie den Sohn D, den Ehegatten A und die Enkel M und C beerbt. Die Klägerin erhob Klage auf Zustimmung zur Herbeiführung der Erbauseinandersetzung zum Landgericht A. Durch Vergleich vor dem Landgericht A verpflichtete sich die Klägerin am 14. Dezember 1994 dazu, den hälftigen Anteil der Erbengemeinschaft an der Immobilie in der T-Straße 1a in A zur Hälfte des Schätzwertes zu erwerben und ihrem Vater, ihren Geschwistern sowie dem Neffen bzw. der Nichte einen entsprechenden Kaufpreis für den hälftigen Miteigentumsanteil des Hausgrundstücks z...