Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Benennungsverlangen. Zumutbarkeit der Überprüfung der Identität der Geschäftspartner während laufender Geschäftsbeziehung. Einkommensteuer 1995 und 1996. Gewerbesteuermessbetrag 1996. Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1995. Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1996
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob die Empfängerbenennung zutreffend im Sinne des § 160 AO ist, ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Leistungserbringung – also im Zahlungszeitpunkt – zu beurteilen.
2. Wer an einen Subunternehmer ausschließlich Barzahlungen leistet, muss sich bereits im Vorfeld um die genauen Empfängerangaben bemühen, da bei Bargeschäften zwischen Unternehmern eher die Vermutung besteht, dass der Empfänger unlauter handelt.
Normenkette
AO 1977 § 160; EStG § 4 Abs. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger und die Klägerin werden beim Finanzamt München IV zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nichtselbständiger Arbeit bei der Pflasterbau GmbH, einer bereits seit längerem bestehenden Gesellschaft der Klägerin. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Einkommensteuer der Kläger für die Streitjahre wurde zunächst wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen mit Bescheiden vom 12.09.1997 für Einkommensteuer 1995 und vom 31.03.1998 für Einkommensteuer 1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geschätzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung für Einkommensteuer 1995 wurde mit Bescheid vom 31.03.1998 aufgehoben. Die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 wurden am 08.05.1998 nach § 173 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Abgabenordnung (AO) geändert; gleichzeitig wurde der Vorbehalt der Nachprüfung für Einkommensteuer 1996 aufgehoben. Die festgesetzten Verspätungszuschläge von 200 DM für Einkommensteuer 1995 bzw. 300 DM für Einkommensteuer 1996 blieben bestehen. Die Änderungen erfolgten aufgrund einer Kontrollmitteilung, der folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:
Der im Jahr 1995 gegründete Gewerbebetrieb des Klägers führte in den Streitjahren Pflasterarbeiten bei mehreren Bauvorhaben in München als Subunternehmer durch und schaltete zur Leistungserbringung die Firma K (Anschrift), ein, die ihm von dritter Seite empfohlen worden war. Zahlungen an diese Firma hatte der Kläger in seiner Gewinnermittlung als Betriebsausgaben für Fremdleistungen berücksichtigt. Die Firma K sei aber laut einer Kontrollmitteilung des Finanzamts Frankfurt am Main II nicht zu ermitteln und bereits am 07.06.1995 von Amts wegen als unbekannt abgemeldet worden.
Aufgrund der Kontrollmitteilung erging auch am 08.05.1998 erstmalig ein Gewerbesteuermessbescheid 1996.
Die Kläger erhoben gegen diesen Bescheid bzw. gegen die o.a. Änderungsbescheide Einspruch und legten im Einspruchsverfahren unter anderem erstmals Einkommensteuererklärungen und Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre vor. In den beigefügten Gewinnermittlungen nach § 4 Abs.3 Einkommensteuergesetz (EStG) waren wiederum Fremdleistungen an die Firma K als Betriebsausgaben enthalten. Zur Begründung führten die Kläger aus, die Firma habe tatsächlich existiert und sei zumindest bis 1996 unter der angegebenen Frankfurter Adresse gemeldet gewesen. Der Kläger habe sich auch eine Gewerbeanmeldung dieser Firma vorlegen lassen. Offensichtlich sei Herr K erst im Jahr 1997 verschwunden, worauf sich das Finanzamt an den Kläger gewandt habe, um den neuen Aufenthalt des Herrn K zu ermitteln.
Das Finanzamt erließ am 29.05.2001 teilweise geänderte Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 sowie einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1996, wies aber die Einsprüche hinsichtlich der Fremdleistungen der Firma K mit Einspruchsentscheidungen vom 30.05.2001 unter Bezugnahme auf § 160 AO als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor, die Firma K sei ihr empfohlen worden und habe in den Streitjahren auch für weitere Firmen in München gearbeitet. Der Erstkontakt sei per Handy im März 1995 hergestellt worden, ein schriftlicher Vertrag liege nicht vor. K habe nach seinen eigenen Angaben damals 70 bis 80 Arbeitnehmer auf Baustellen im ganzen Bundesgebiet beschäftigt. Sein Auftreten sei seriös, sein Ruf in der Branche tadellos gewesen. Dennoch habe sich der Kläger eine Gewerbeanmeldung vom 11.07.1994 bei der Stadt Frankfurt am Main vorlegen lassen, aus der unter anderem hervorgehe, dass K eine frühere Betriebsstätte in Andernach unterhalten habe und seit 1992 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei. Aus einem Schreiben des Finanzamts Frankfurt am Main II vom 07.06.1994 gehe außerdem hervor, dass K dort für Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Kirchensteuer unter der Steuernummer 012 022 13707 steuerlich erfasst gewesen sei. Beide Schreiben bestätigten zudem die Firmenadresse Am Grünen Graben 30, 60433 Frankfurt. Der Kläger habe deshalb sowohl von der Richtigkei...