Entscheidungsstichwort (Thema)
In der Zeit vom 1.1. bis 26.7.2002 erzielter Gewinn aus der Veräußerung von Teilen von freiberuflichen Mitunternehmeranteilen unabhängig von der Änderung des § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG durch das StBAusbG kein tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn
Leitsatz (redaktionell)
§ 18 Abs. 3 EStG i. V. m § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001 (BStBI I 2002, 35; UntStFG) war bereits vor der Änderung des § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG a. F. durch das fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. 7.2002 (BStBI I 2002, 714; StBAusbG) dahingehend auszulegen, dass auch in der Zeit vom 1.1.2002 bis zum 26.7.2002 erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Bruchteilen eines Anteils am Vermögen, das der selbstständigen Arbeit dient, als laufende Gewinne und nicht als Veräußerungsgewinne i. S. d. § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG nach § 34 EStG ermäßigt zu versteuern waren.
Normenkette
EStG 2002 § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 3 Sätze 1-2, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Veräußerung eines Bruchteils eines freiberuflichen Mitunternehmeranteils zum 1. Juli 2002 nach §§ 16, 18, 34 Einkommensteuergesetz (EStG) begünstigt zu versteuern ist.
Die Klägerin zu 1. ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geführte Steuerberatersozietät, für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Streitjahr 2002 bei dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –) gesondert und einheitlich festgestellt wurden. Bis zum 30. Juni 2002 handelte es sich um eine zweigliedrige GbR. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 27. Juni 2002 wurde zum 1. Juli 2002 ein weiterer Gesellschafter in die GbR aufgenommen, indem die Kläger zu 2. und zu 3. jeweils einen Anteil ihres hälftigen der selbständigen Arbeit dienenden Vermögensanteils an den Kläger zu 4. veräußerten. Aus der Veräußerung eines Bruchteils des jeweiligen Mitunternehmeranteils erzielten die Kläger zu
2. und zu 3. einen Gewinn in Höhe von 133.005 EUR bzw. von 100.556 EUR. Der im Streitjahr erzielte, der Höhe nach unstreitige Gesamtgewinn der Klägerin zu 1. betrug 466.037 EUR, wobei auf den Kläger zu 2. ein Gewinn von 250.209 EUR, auf den Kläger zu 3. von 177.148 EUR und auf den Kläger zu 4. von 38.680 EUR entfiel.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2002 (Feststellungsbescheid 2002) vom 15. Januar 2004 schätzte das FA die Einkünfte aus selbständiger Arbeit zunächst auf 515.000 EUR, einschließlich eines tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns in Höhe von 275.000 EUR. Aufgrund des Einspruchs der Kläger zu 1. bis 4. vom 3. Februar 2004 setzte das FA in seiner gegenüber der Klägerin zu 1. ergangenen Einspruchsentscheidung vom 11. Januar 2005 die Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärungsgemäß auf insgesamt 466.037 EUR herab, stellte darüber hinaus jedoch fest, dass es sich dabei in vollem Umfang um laufenden Gewinn handle. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung führen die Kläger aus, nach den §§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, 18 Abs. 3 Satz 1 EStG stelle der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils bzw. eines Anteils an einem der selbständigen Arbeit dienenden Vermögens einen nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt zu versteuernden Veräußerungsgewinn dar. Bis zum Inkrafttreten des Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BStBI I 2002, 35; UntStFG) sei gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt gewesen, ob mit der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils oder eines Anteils an einem der selbständigen Arbeit dienenden Vermögens der Tatbestand der §§ 16 und 18 Abs. 3 Satz 1 EStG ebenfalls erfüllt worden sei. Erst mit dem UntStFG sei für den gewerblichen Bereich mit der Einführung des neuen § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG kodifiziert worden, dass Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils erzielt würden, laufende Gewinne seien. Veräußerungen von freiberuflichen Unternehmen würden überwiegend abschließend in § 18 Abs. 3 EStG behandelt. § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG a. F. sei erst durch das fünfte Gesetz zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002 (BStBI I 2002, 714; StBAusbG) angepasst worden und verweise erst mit Wirkung vom 27. Juli 2002 auf § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG. Erst ab diesem Zeitpunkt und nicht bereits am 1. Juli 2002 gehöre der Gewinn aus der Veräußerung eines Teils eines freiberuflichen Mitunternehmeranteils zum laufenden Gewinn. Weder der Umstand, dass die Änderung des Verweises in § 18 Abs. 3 Satz 2 a. ...