rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine steuerliche Berücksichtigung des Wertverlusts von Aktien im Jahr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Aktiengesellschaft. Werbungskostenabzugsverbot auch bei Kapitaleinkünften für im EU-Ausland entstandene Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Der infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer AG eingetretene Wertverlust von in einem ausländischen Depot verwahrten Aktien dieser AG kann nicht nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG steuerlich berücksichtigt werden, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der AG noch nicht abgeschlossen ist.
2. Das für Kapitaleinkünfte bestehende Werbungskostenabzugsverbot gem. § 20 Abs. 9 EStG gilt unabhängig davon, ob die Werbungskosten in Deutschland oder im EU-Ausland entstanden sind; insoweit ist eine europarechtswidrige Diskriminierung nicht ersichtlich.
Normenkette
EStG 2012 § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 4, 1 Nr. 1, Abs. 9; AktG § 262
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wird einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Leibrenten und aus Kapitalvermögen. Er besaß im Jahr 2013 10.000 Aktien der N-AG, die er im Jahr 2009 zum Preis von 0,94 EUR je Aktie erworben hatte. Die Aktien befanden sich im Depot des Klägers bei der österreichischen B-Bank und waren in der Depotaufstellung zum 31. Dezember 2013 mit einem Kurswert von 0,029 EUR (gesamt: 599 EUR) erfasst. Als Datum des Kurswerts war der 25. Februar 2013 angegeben. Über das Vermögen der N-AG wurde mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) … vom 21. März 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Eintragung der dadurch bewirkten Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister erfolgte am 3. April 2012. Das Insolvenzverfahren wurde bis 31. Dezember 2013 nicht abgeschlossen, Eintragungen in das Handelsregister erfolgten im Streitjahr nicht.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2013 unstreitig einen saldierten Gewinn aus der Veräußerung von Aktien in Höhe von 23.022 EUR, den der Beklagte (Finanzamt) der Besteuerung mit dem besonderen Steuersatz nach § 32 d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterwarf (Einkommensteuerbescheid vom 29. März 2016). In der steuerlichen Jahresaufstellung der B-Bank sind Depotgebühren von 1.192,87 EUR ausgewiesen. Diese Aufwendungen ließ das Finanzamt nicht zum Abzug zu. Ein Sparer-Pauschbetrag wurde nach der Bescheinigung der B-Bank nicht in Anspruch genommen. Im Einkommensteuerbescheid kam zunächst ein Sparer-Pauschbetrag von 0 EUR zum Abzug. Während des gerichtlichen Verfahrens erklärte der Kläger auf Hinweis des Gerichts, er habe im Jahr 2013 keine weiteren Kapitaleinkünfte erzielt und beantragte die Günstigerprüfung. Im Änderungsbescheid vom 9. Februar 2018 berücksichtigte das Finanzamt nunmehr einen Sparer-Pauschbetrag von 801 EUR und versteuerte die Einkünfte des Klägers insgesamt nach dem Grundtarif.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:
Im Streitjahr 2013 sei bezüglich der Aktien der N-AG ein Verlust aus Aktienbesitz in Höhe von 9.400 EUR zum Abzug zuzulassen. Das Insolvenzverfahren sei im Jahr 2012 eingeleitet und im Jahr 2013 beendet worden. Wegen der Liquidation der N-AG habe er einen Totalverlust in Höhe des Ankaufspreises erlitten. In § 20 EStG sei der Verlust aus dem Erwerb von Aktien einer AG, welche als Folge eines gelaufenen öffentlichen Insolvenzverfahrens amtsgelöscht worden sei, nicht geregelt. Die Aktien der N-AG seien infolge der Amtslöschung wertlos und nicht mehr handelbar. Sein Verlust sei nicht weniger realisiert als der aus dem An- und Verkauf von Aktien. Die Lücke in § 20 EStG bestehe bis heute fort.
Das AG … verstoße gegen das eigene Verfahrensrecht, wenn es das Insolvenzverfahren der N-AG offenbar nicht betreibe und amtspflichtwidrig nicht zu Ende bringe. Eine solche Tatsache könne steuerlich nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen verwendet werden.
Der Wertverlust der Aktien der N-AG sei im Jahr 2013 eingetreten. Das im Jahr 2012 eröffnete Insolvenzverfahren sei de fakto 2013 durchgeführt worden. Hier handle es sich um die Aussperrung von jedem amtlichen Handel per Hoheitsakt durch die öffentlich-rechtlichen deutschen Börsen von jedweder weiteren Verfügung über den restlos nach ideellen Bruchteilen laufenden Handel durch sogenannte Verwahrstellen in dortiger Girosammelverwahrung gehaltener Aktien. Der vom Gesetzgeber laut § 20 EStG vorausgesetzte „Verkauf” sei durch die rechtliche Gestaltung aus Banken- und Börsenrecht unmöglich gemacht worden und diese eingetretene Unmöglichkeit sei als realisierter Wertverlust aus Aktienbesitz in 2013 zu erfassen. Der Gesetzgeber habe bei der gesetzlichen Neuregelung die erforderlichen redaktionellen Feinheiten wohl schlicht „vergessen”. Folge davon sei die Notwendigkeit einer Novellierung und mangels solcher einer Berücksicht...