Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessene Eigenkapitalausstattung eines Betriebs gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (hier: Kurheim). Zur Eigenkapitalausstattung eines Betriebes gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Körperschaftsteuer 1993 bis 1995. Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1993, 31.12.1994 und 31.12.1995. Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1993, 31.12.1994 und 31.12.1995. Gewerbesteuermessbetrag 1995
Leitsatz (amtlich)
1. Regelungen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in Bezug auf den Betrieb gewerblicher Art (BgA) über verzinsliche Darlehen sind steuerrechtlich nur anzuerkennen, soweit der BgA mit einem angemessenen Eigenkapital ausgestattet ist. Ein Anhaltspunkt für die angemessene Eigenkapitalausstattung ist die Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen in privatrechtlicher Form in dem betreffenden Zeitraum.
2. Die von der Finanzverwaltung in Abschn. 27 a Abs. 3 KStR 1990 bzw. Abschn. 28 Abs. 3 KStR 1995 geforderte Eigenkapitalausstattung eines BgA in Höhe von mindestens 30 v. H. des Aktivvermögens ist keine starre Grenze, sondern es kann je nach Branche und bei Vorlage entsprechender statistischer Unterlagen usw. auch ein höherer oder niedrigerer Prozentsatz in Betracht kommen.
3. Im Urteilsfall: Angesichts der bekanntermaßen allgemein gesunkenen Eigenkapitalausstattung von kleineren und mittleren Unternehmen Anerkennung einer angemessenen Eigenkapitalquote von nur 26 % des Aktivvermögens bei einem BgA (Kurheim) in den Jahren 1993 bis 1995.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 8 Abs. 3 S. 2; KStR 1995 Abschn. 28 Abs. 3; KStG § 8 Abs. 1; KStR 1990 Abschn. 27a Abs. 3; KStG § 4
Nachgehend
Tenor
1. Die angefochtenen Steuerbescheide der Veranlagungszeiträume 1993 bis 1995, jeweils in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom …, werden in der Weise geändert, dass in den Streitjahren bei dem Betrieb gewerblicher Art Eigenkapitalquoten (Abschn. 27 a Abs. 3 KStR 1990/Abschn. 28 Abs. 3 KStR 1995) von jeweils 26 v. H. zugrunde gelegt werden, mit der Folge, dass der Klägerin nur die insoweit angefallenen Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttungen zugerechnet werden.
2. Die Berechnung der festzusetzenden/festzustellenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.
3. Die Kosten des Verfahrens bis zur Klageeinschränkung durch die Klägerin im Schriftsatz vom 8. Mai 2002 trägt die Klägerin zu 38 v. H. und der Beklagte zu 62 v. H., im Übrigen der Beklagte allein.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie betreibt in X.-Stadt ein Kurheim (Betrieb gewerblicher Art). Das Unternehmen beschäftigte in den Streitjahren 1993 bis 1995 jeweils etwa 30 Personen. Der Betrieb wurde im streitigen Zeitraum sowohl durch Eigenkapital, unverzinsliches Gesellschafter-Fremdkapital (Verrechnungskonto), verzinsliches Gesellschafter-Fremdkapital (Darlehen) als auch in geringem Umfang durch sonstiges Fremdkapital finanziert.
In der Zeit vom … 1997 bis … 1998 (mit Unterbrechungen) führte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (Bp) durch. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass es in den Streitjahren insoweit zu Gewinnausschüttungen wegen Zinsaufwandes für von der Trägerkörperschaft zur Verfügung gestellte kapitalersetzende Darlehen gekommen sei, als das Eigenkapital des Kurheims in den drei Streitjahren jeweils unter 30 v. H. des Aktivvermögens am Anfang des Kalenderjahrs abgesunken war (vgl. … Abschn. 27 a Abs. 3 Sätze 4 und 5 der Körperschaftsteuerrichtlinien 1985 und 1990 – KStR a. F. –, Abschn. 28 Abs. 3 Sätze 4 und 5 KStR 1995 – KStR n. F. –). Dabei geht es um folgende als verdeckte Gewinnausschüttung behandelte Beträge:
1993 |
xxxxxxxxx DM |
1994 |
xxxxxxxxx DM |
1995 |
xxxxxxxxx DM |
Wegen der Berechnung und der weiteren Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 1998 (insbesondere Tz. …) verwiesen (§ 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Auf Grund der Prüferfeststellungen änderte das FA die Körperschaftsteuer(KSt)-Bescheide 1993 bis 1995, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur KSt zum 31. Dezember 1993, 31. Dezember 1994 und 31. Dezember 1995, den Gewerbesteuer(GewSt)-Messbescheid 1995 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1993, 31. Dezember 1994 und 31. Dezember 1995. Gleichzeitig wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Die Bescheide wurden am … 1998 mit einfachem Brief zur Post gegeben.
Gegen die Änderungsbescheide wandte die Klägerin si...