Entscheidungsstichwort (Thema)
„Eigener Hausstand” im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG. Ein „eigener Hausstand” i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG muß nicht die Voraussetzungen des bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriffes erfüllen. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (amtlich)
Ein „eigener Hausstand” im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG muss nicht den Anforderungen des bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriffes genügen. Zur Anerkennung der Unterbringungskosten im Rahmen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung ist es daher nicht erforderlich, das sich innnerhalb der (Haupt-)Wohnung des Steuerpflichtigen die üblichen Nebenräume (Bad, Toilette und Küche) befinden.
Normenkette
EStG 1997 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 16.6.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.6.2000 wird dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer 1997 unter Anerkennung weiterer Werbungskosten von 13.200 DM aus nichtselbständiger Arbeit auf 25.408 DM herabgesetzt wird.
2. Das Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird nach § 139 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung für notwendig erklärt.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger (Kl) ist seit 17.6.1996 bei der Firma … AG in M. beschäftigt und erzielt als Bekleidungskaufmann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In diesem Zusammenhang macht er in seiner Einkommensteuererklärung 1997 Mehraufwendungen in Höhe von 30.652,40 DM für eine doppelte Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) als Werbungskosten geltend (17.452,40 DM für Wochenendheimfahrten nach A. – 46 Fahrten × 542 km × 0,70 DM, Unterkunftskosten am Beschäftigungsort 13.200 DM).
Von diesen Kosten berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) im Einkommensteuerbescheid 1997 vom 10.8.1998 aufgrund der nachgewiesenen Fahrtleistung lediglich Aufwendungen für 27 Heimfahrten (nach Verrechnung mit einer steuerfreien Erstattung des Arbeitgebers in Höhe von 5.100 DM) als Fahrten zum Lebensmittelpunkt und ging im Übrigen davon aus, eine doppelte Haushaltsführung liege nicht vor.
Im Einspruchsverfahren wies der Kl weitere Heimfahrten nach, denen das FA durch einen Änderungsbescheid vom 16.6.2000 Rechnung trug. Die geltend gemachten Unterkunftskosten in Höhe von 13.200 DM blieben unberücksichtigt. In seiner Einspruchsentscheidung vom 27.6.2000, auf die Bezug genommen wird, ging das FA davon aus, dass der Kl zu Beginn seiner Arbeitsaufnahme in M. an seinem Heimatort keine Wohnung aus eigenem Recht bewohnt, sondern mit seinen Eltern in deren Haushalt gewohnt habe.
Mit seiner Klage macht der Kl geltend, er habe bereits seit 1987 eine abgeschlossene Wohnung im Anwesen seiner Eltern innegehabt. Das elterliche Anwesen bestehe aus zwei durch eine Grundmauer verbundenen Häusern mit den postalischen Anschriften M-weg und 1 a. Seiner Schwester sei bereits 1984 die Benutzung des Erdgeschosses vom M-weg 1 a durch seine Eltern gestattet worden. Ihm selbst sei 1987 das gleiche Recht für die Wohnung im 1. Obergeschoss eingeräumt worden. Diese Räumlichkeiten bestünden aus einer ca. 12 qm großen Küche und einem ca. 25 qm großen Schlaf-/Wohnraum. Aufgrund des alten Haustypus existiere leider nur eine außerhalb der Wohnungen liegende zentrale Toilette (mit einer Dusche) im Erdgeschoss. Zu den Räumlichkeiten gehöre noch eine Garage. Seit Bezug habe er auch zur Abdeckung der laufenden Kosten seiner Eltern monatliche Unterstützungsleistungen in Höhe von 300 DM bezahlt, die einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des Eigentums am Elternhaus darstellten, da sein 1996 verstorbener Vater seit 1985 im Alter von 46 Jahren aufgrund eines Hirnschlages als Berufsunfähigkeitsrentner gegolten habe. Auf die Stellungnahme des Kl vom 24.9.2001 und die eingereichte Skizze der Räumlichkeiten in A. wird Bezug genommen.
Der Kl beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 16.6.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.6.2000 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer 1997 unter Anerkennung weiterer Werbungskosten von 13.200 DM aus nichtselbständiger Arbeit für eine doppelte Haushaltsführung auf 25.408 DM herabgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es vertritt die Ansicht, der Wohnungsbegriff i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG erfordere die Möglichkeit einer eigenen Haushaltsführung, die ein eigenes Wirtschaften ermögliche. Dies sei nur in einer Wohnung, in der die üblichen Nebenräume wie eine Küche, Bad/Dusche und eine Toilette vorhanden seien, möglich (Hinweise auf Urteile des Hessischen Finanzgerichts in Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1998, 32 und des Saarländischen Finanzgerichts, EFG 2000, 1238 sowie auf BFH-Urteile in BStBl II 1985, 151, 318 und 319). Mangels eines eigenen Bades bzw. einer Toilette könne beim Kl nicht von einem Hausstand i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ausgegangen werden. Auße...