Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
1. Enthält der Klageantrag in Kindergeldsachen sowohl ein Anfechtungs- als auch ein Verpflichtungsbegehren, so scheitert die Zulässigkeit des Verpflichtungsbegehrens nicht daran, daß hierfür kein eigenes Vorverfahren durchgeführt wurde.
2. Die Zeit zwischen dem Abschluss der Ausbildung zur Arzthelferin und dem Beginn der Ausbildung zur Krankenschwester zählt nicht als Zeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. In dieser Zeit bezogene eigene Einkünfte/Bezüge des Kindes sind daher nicht schädlich für den Kindergeldanspruch für die Ausbildungsmonate.
Normenkette
FGO § 44; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b i.V.m, § 63 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
BFH (Urteil vom 19.10.2001; Aktenzeichen VI R 81/01) |
Tenor
1. Die Verfügung des Beklagten vom 10. März 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. April 1999 wird mit der Maßgabe abgeändert, dass die Aufhebung der Kindergeldbewilligung für das Kind E. erst ab August 1998 wirkt. Gleichzeitig wird der Beklagte verpflichtet, Kindergeld für das Kind E. von September 1998 bis Dezember 1998 erneut zu gewähren.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf gegen Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger (Kl) bezog für seine am xxx 1979 geborene Tochter E Kindergeld. Die Tochter beendete im Juli 1998 mit der erfolgreichen Ablegung der Abschlussprüfung die Ausbildung zur Arzthelferin (Ausbildungsvergütung vom 01. Januar 1998 bis 31. Juli 1998 lt. Lohnsteuerbescheinigung 7.423,35 DM). Im August 1998 war sie an ihrer (vorherigen) Ausbildungsstelle als Arzthelferin beschäftigt (Bruttoarbeitslohn lt. Lohnsteuerbescheinigung 2.566,– DM). Vom 01. September 1998 bis zum 04. Oktober 1998 erhielt E. Arbeitslosengeld (für September 1998: 649,50 DM, für Oktober 1998: 86,60 DM). Am 07. Oktober 1998 unterzeichnete sie einen Vertrag zur Ausbildung als Krankenschwester. Nach den Feststellungen im Behördenverfahren hatte sie sich bereits am 28. Juli 1997 um die Ausbildungsstelle beworben und bei der Arbeitslosmeldung am 26. August 1998 auf die neue Ausbildung hingewiesen.
Die Ausbildungsvergütung für die Zeit von Oktober bis Dezember 1998 betrug 4.343,27 DM. Mit Rücksicht auf die Höhe der Ausbildungsvergütung hob der Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 1999 die Kindergeldbewilligung für E. mit Wirkung ab Januar 1999 auf. Der Bescheid ist nach Aktenlage bestandskräftig.
Für 1998 beurteilte das AA die Monate August und September als Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten und errechnete ganzjährig für 1998 eine Summe aus Einkünften und Bezügen der Tochter des Kl i. H. v. 12 709,– DM. Da der Jahresgrenzbetrag von 12.360,– DM überstiegen war, verfügte das AA die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab 01. Januar 1998. Gleichzeitig wurde das für Januar bis Juli 1998 ausbezahlte Kindergeld (2.100,– DM) zurückgefordert (Bescheid vom 10. März 1999). Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 26. April 1999).
Zur Begründung der Klage wird geltend gemacht: Bei den beiden Ausbildungen zur Arzthelferin bzw. zur Krankenschwester handle es sich um zwei völlig verschiedene und nicht um aufeinander aufbauende Berufsausbildungen, so dass nicht von Ausbildungsabschnitten gesprochen werden könne. Daher sei jedenfalls der Monat August 1998 nicht in die Einkünfteermittlung einzubeziehen. Das habe zur Folge, dass der schädliche Grenzbetrag von Einkünften/Bezügen unterschritten werde.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), den Bescheid über die Aufhebung der Kindergeldbewilligung für das Kind E. vom 10. März 1999 mit der Maßgabe abzuändern, dass das Kindergeld lediglich für den Monat August 1998 entfällt und der Beklagte verpflichtet ist, für September 1998 bis Dezember 1998 Kindergeld zu leisten.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er vertritt den Standpunkt, dass ein Kindergeldanspruch für das Jahr 1998 dem Grunde nach durchgehend zu bejahen sei und demzufolge die im Jahr 1998 insgesamt erzielten Einkünfte und Bezüge maßgeblich seien.
Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den gewechselten Schriftsätzen samt Anlagen sowie aus den Behördenakten, auf die Bezug genommen wird.
Der Kl hat unter Hinweis auf anhängige Revisionen zu der Frage, ob die Einkünfte, die nach Abschluss einer Lehre bis zur Einschreibung, Bestätigung bzw. Einschulung in die Kollegstufe erzielt werden, in die Gegenüberstellung von Einkünften/Bezügen und Grenzbetrag einzubeziehen sind, das Ruhen des Verfahrens beantragt. Das AA hat sich dem Antrag widersetzt.
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist, auch soweit der Kl Kindergeld für di...