Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Nachweis der Bevollmächtigung des als Prozessbevollmächtigten aufgetretenen Rechtsanwalts
Leitsatz (redaktionell)
In Fällen einer abgeleiteten Vollmacht muss auch die Vertretungsmacht desjenigen nachgewiesen werden, der die abgeleitete Vollmacht unterzeichnet hat.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der als vollmachtsloser Vertreter aufgetretene Rechtsanwalt X.
Tatbestand
I.
Mit Eingang beim Finanzgericht am 4. September, 10. Oktober sowie 20. Dezember 2006 erhob der Rechtsanwalt X im Namen der Klägerin Untätigkeitsklage und beantragte unter anderem, das Finanzamt (FA) zu verpflichten, für die Monate Januar bis März 1996 Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide zu erlassen, die jeweils einen Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber dem FA ausweisen sollten. Aufgrund einer Außenprüfung, die weder durch eine Schlussbesprechung noch durch einen Prüfungsbericht abgeschlossen worden sei, habe das FA seit 1. Januar 1996 keine Steuererklärung der Klägerin mehr bearbeitet.
Dabei legte Rechtsanwalt X Vollmachten der Klägerin vom 31. August, 6. Oktober sowie 13. Dezember 2006 vor, die jeweils von Z ausgestellt worden sind.
Mit gerichtlicher Anordnung vom 12. Oktober 2006 wurde Rechtsanwalt X darauf hingewiesen, dass ausweislich des Handelsregisterauszugs nicht Z, sondern Y seit 29. April 1999 als Geschäftsführer der Klägerin und nach Auflösung der Klägerin am 13. Oktober 1999 als deren Liquidator im Handelsregister gesetzlicher Vertreter der Klägerin sei. Gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung – FGO – wurde X zur Nachreichung einer Vollmacht aufgefordert.
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 reichte X nochmals eine Vollmacht von Z ein und trug im Wesentlichen vor, dass Z seit 12. April 1995 ununterbrochen Geschäftsführer und seit 30. Mai 2000 Alleingesellschafter der Klägerin sei. Es sei bei Gerichten und Behörden amtsbekannt, dass der Handelsregisterauszug insoweit falsch sei.
Mit Schreiben vom 15. April 2009 kündigte X an, dass die Klägerin die Klage auf Erlass entsprechender Umsatzsteuerjahresbescheide umstellen werde. Aufgrund der seiner Ansicht nach ruhenden Umsatzsteuerprüfung hätte die Klägerin acht Jahre lang keinen Zugriff auf Buchhaltungsunterlagen gehabt, die dem FA übergeben worden seien. Die aufgrund der Prüfungsfeststellungen ergangenen Umsatzsteuerbescheide seien nichtig, da sie auf frei erfundenen Behauptungen der Umsatzsteuerprüferin beruhten. Darüber hinaus seien die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1996 bis 1998 mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe unwirksam. Es sei unstreitig, dass Y, nicht unter der Adresse in A, wohin das FA die Bescheide übermittelt habe, wohnhaft gewesen sei. Gewürdigt werden müsse außerdem, dass Z bei der Übernahme des Geschäftsführerpostens der Klägerin im Jahr 1992 insbesondere von Y über die tatsächliche wirtschaftliche Situation der Klägerin getäuscht und massiv betrogen worden sei.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es trägt vor, dass Z nicht zur Vertretung der Klägerin befugt sei. Laut Handelsregistereintragung vom 15. Mai 1995 sei Z zwar zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt, jedoch laut Handelsregistereintragung vom 29. April 1999 als Geschäftsführer der Klägerin abberufen worden. Ab 29. April 1999 sei Y eingetragener Geschäftsführer und nach Auflösung der Gesellschaft am 13. Oktober 1999 ausweislich des Handelsregisterauszugs Liquidator und somit gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft gewesen. Die Vertretungsbefugnis ende erst mit der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister.
Im Übrigen sei die Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum Januar 1996 bis Juni 1999 entgegen der Auffassung der Klägerin abgeschlossen. Mit Datum vom 12. Mai 2000 sei der Prüfungsbericht an die damalige Anschrift von Z gesandt worden. Die aufgrund der Prüfung geänderten und neu erlassenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 1998 seien am 30. Mai 2000 mit einfachem Brief an Y geschickt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unzulässig.
Die Bevollmächtigung des namens der Klägerin als Prozessbevollmächtigter aufgetretenen Rechtsanwaltes X ist nicht durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht der Vertretungsberechtigten der Klägerin nachgewiesen worden (§ 62 Abs. 3 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
In Fällen einer abgeleiteten Vollmacht muss auch die Vertretungsmacht desjenigen nachgewiesen werden, der die abgeleitete Vollmacht unterzeichnet hat. Der Begriff der Vollmacht i. S. von § 62 Abs. 3 FGO beinhaltet nicht allein die rein formale Vollmachtsurkunde. Vielmehr muss die Vollmacht auf den vertretenen Verfahrensbeteiligten zurückgehen. Das Gericht muss zurückverfolgen ...