Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Aufwendungen für ein Kfz, die bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Werbungskosten abziehbar sind
Leitsatz (redaktionell)
1. Regelmäßige Arbeitsstätte bei den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist jede ortsgebundene dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die fortwährend und immer wieder, also nachhaltig aufgesucht wird.
2. Für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung gilt, dass anstelle des Abzugs der tatsächlichen Kosten eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale tritt.
3. Bei den sonstigen dienstlich veranlassten Fahrten können entweder die tatsächlichen Kosten in der nachgewiesenen Höhe und ohne Nachweis die Kosten nach Kilometersätzen als Werbungskosten geltend gemacht werden.
4. Macht ein Steuerpflichtiger bei einer Familienheimfahrt aus beruflichen Gründen einen Umweg, so sind für solche Umwege grundsätzlich die tatsächlichen PKW-Fahrtkosten als Werbungskosten anzusetzen.
Normenkette
AO § 162 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1; EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nrn. 4-5, Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2003 vom 26. Mai 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. März 2007 wird die Einkommensteuer auf 60.584 EUR festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 72/100, der Beklagte zu 28/100.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Streitig ist, in welchem Umfang Aufwendungen für ein Kraftfahrzeug (Kfz) als Werbungskosten abgezogen werden können.
I.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger bezieht als Key Account Manager Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Bis zum […] 2003 war der Kläger als Außendienstmitarbeiter für die […] (H-GmbH) tätig; […]. Ab dem […] 2003 arbeitete der Kläger als Außendienstmitarbeiter für die […] (E-GmbH). Der Kläger war bei beiden Arbeitgebern jeweils in einer Betriebsstätte in der Nähe von [… L-Stadt] eingesetzt […]. In beiden Betriebsstätten verfügte der Kläger nicht über ein eigenes Arbeitszimmer, sondern über einen Schreibtischcontainer, den er in einem Gemeinschaftsraum als Arbeitsplatz nutzen konnte. Für seine Außendiensttätigkeit benutzte der Kläger im Streitjahr sein eigenes Kfz […].
Während des gesamten Streitjahrs unterhielt der Kläger eine zweite Wohnung in L-Stadt […]. Die Entfernung von dieser Wohnung beträgt zu jeder der Betriebsstätten jeweils 11 Kilometer (km). Während des Streitjahres unterhielten die Kläger ihren Familienwohnsitz in [… D-Dorf]. Bis […] wohnten sie in der […] (ZZ-Straße) und danach […] (YY-Straße). Die Entfernung von der Zweitwohnung in L-Stadt beträgt zur ZZ-Straße 157 km und zur YY-Straße 152 km.
In der Einkommensteuererklärung für 2003 erklärten die Kläger, dass im Streitjahr Kosten in Höhe von 21.772,30 EUR für die beiden im Außendienst genutzten Kfz angefallen seien und machten einen Abzug in Höhe von 70% der Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers geltend. Zur Begründung des Abzugs in Höhe dieses Anteils als Werbungskosten verwiesen die Kläger auf diverse Besprechungen mit der Bußgeld- und Strafsachenstelle. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte insoweit den Angaben der Kläger nicht und ließ von den Aufwendungen für die Kfz nur einen Betrag in Höhe von 10.000 EUR als Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 26. Mai 2006 zum Abzug zu. Den dagegen gerichteten Einspruch begründeten die Kläger damit, dass der begrenzte Werbungskostenabzug für die Fahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung an den Wochenenden nicht in Betracht käme. Die Tätigkeit des Klägers sei im Wesentlichen so abgelaufen, dass er am frühen Montagmorgen von D-Dorf aus meist gleich zu einem Kunden im Einsatzgebiet aufgebrochen sei. Gelegentlich habe er auch zunächst den Betriebssitz seines Arbeitgebers aufgesucht und sei von dort sofort weiter zu Kunden gefahren. Am Freitag oder Samstag sei er dann wieder zu seinem Familienwohnsitz zurückgekehrt. Vielfach sei dies unmittelbar nach Kundenbesuchen geschehen. In einigen Fällen habe er auch weiter reichende Dienstreisen dadurch beendet, dass er direkt nach Hause gefahren sei. Auch sei der begrenzte Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht für die Fahrten anwendbar, bei denen von der Zweitwohnung aus unmittelbar Kunden angesteuert worden seien. Dies sei bei der überwiegenden Zahl der Fahrten der Fall gewesen. Bei Fahrten von dem Arbeitsplatz in den Betriebsstätten der Arbeitgeber aus zu den Kunden oder bei den Fahrten zwischen den Kunden lägen Dienstreisen vor, b...