Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung eines Vorerwerbs nach § 14 ErbStG, bei dem der Schenker sich den Nießbrauch am Grundstück vorbehalten hatte. § 14 ErbStG i.V.m. § 25 ErbStG bei einem Vorerwerb. Erbschaftsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Hinzurechnung von Vorerwerben gemäß § 25 ErbStG werden diese mit ihrem Bruttobetrag angesetzt. ErbStH 85 Abs. 3 betrifft nur Fälle, in denen neben dem Vorerwerb auch der Letzterwerb unter Nießbrauchsvorbehalt des Schenkers stand.
Normenkette
ErbStG §§ 14, 25; ErbStH 85 Abs. 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Einbeziehung eines Vorerwerb gemäß § 14 ErbStG zu berücksichtigen ist, dass dieser unter einem Nießbrauchsvorbehalt des Schenkers stand.
I.
Der am 02.05.1999 in München verstorbene Erblasser AB wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge von seiner Ehefrau BB zu 1/2, von seiner Tochter CB zu 1/4 und von seinem Sohn, dem Kläger, zu 1/4 beerbt. Mit ErbSt-Bescheid vom 16.11.2000 war dafür Erbschaftsteuer i.H. von 3.325 DM (= 1.700,05 EUR)• festgesetzt worden. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung (AO).
Der Kläger hatte bereits zuvor vom Erblasser durch eine notarielle Schenkung unter Auflagen vom 29.12.1994 das bebaute Grundstück in U. erhalten. Dieser hatte sich den unentgeltlichen Nießbrauch auf Lebenszeit vorbehalten. Ab dem Todestag sollte dieser auf die Ehefrau des Schenkers übergehen.
Mit Steuerbescheid vom 03.01.2001 erfasste der Beklagte (das Finanzamt) diesen Vorerwerb gemäß § 14 ErbStG und setzte die Erbschaftsteuer gemäß § 164 Abs. 2 AO wie folgt fest:
Erbanteil |
447.565 DM |
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zzgl. Vermögen aus Vorerwerben |
64.820 DM |
(140 % des EW von 46.300 DM, Bl. 35 FA) |
abzgl. Freibetrag § 16 ErbStG |
400.000 DM |
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steuerpfl. Erwerb, abgerundet |
112.300 DM |
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Steuerklasse l, Steuersatz 11 %, 11 % von 112.300 DM |
= 12.353 DM |
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Dabei blieb der Nutzungsvorbehalt des Vorerwerbs bei der Berechnung des aktuellen Erwerbs unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 07.10.1996 II R 64/96 (BStBI II 1999, 25) unberücksichtigt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 23.01.2001, eingegangen beim Finanzamt am 24.01.2001 (Frühleerung), Einspruch ein, weil das Urteil des BFH vom 07.10.1998 (BStBI II 1999, 25) im vorliegenden Fall einschlägig sei. Das Urteil würde den Fall treffen, dass bei der Zusammenrechnung von Erwerben nach § 14 ErbStG sowohl der letzte Erwerb als auch der Vorerwerb unter § 25 ErbStG fielen. Dies sei hier nicht der Fall. Es ginge lediglich darum, dass der Vorerwerb unter § 25 ErbStG fiele, weil sich der Schenker den Nießbrauch vorbehalten habe. Durch die Anwendung der Grundsätze aus dem Schreiben des Ministeriums vom 16.06.2000 würden ihm zu Unrecht die Stundungsmöglichkeit ebenso wie die Abgeltungsmöglichkeit vorenthalten.
Der Einspruch blieb erfolglos (s. Einspruchsentscheidung vom 20.03.2003).
Die Steuerfestsetzung erging vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO wegen der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG.
Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass in seinem Fall er bereits durch die Vorschenkung die Vermögenssubstanz erhalten habe, während im BFH-Fall der Beschenkte zuerst das Nutzungsrecht und dann erst das Vollrecht erhalten habe. Das Nutzungsrecht habe die Ehefrau des Erblassers besteuert.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des ErbSt-Bescheids vom 03.1.2001 die Steuer auf 1.700,05 EUR festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt
Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Aufgrund des BFH-Urteils vom 07.10.1998 II R 64/96, BStBI II 1999, 25 steht fest, dass § 14 ErbStG nicht die verschiedenen Erwerbsvorgänge zu einem Gesamterwerb erfasst. Die einzelnen Erwerbe unterliegen als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer. Das bedeutet, dass die früheren Erwerbe mit ihrem Bruttobetrag vor Abzug des persönlichen Freibetrags dem späteren Erwerb hinzugesetzt werden (s. Meincke ErbStG, 14. Aufl., § 14 Rz 9). Bei dem mit einem Nießbrauch zugunsten des Schenkers belasteten Vorerwerb erfolgt gemäß § 25 ErbStG kein Abzug des Kapitalwerts der Belastung. Die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Regelung in dem Richtlinienhinweis H 85 Abs. 3 stellt sich hier nicht, weil sie nur Fälle betrifft, in denen neben dem Vorerwerb auch der Letzterwerb unter Nießbrauchsvorbehalt stand (s. dazu FG Rheinland Pfalz, Urteil vom 19.09.19964 K 2761/95 ZEV 1996, 439 sowie Troll/Gebel/-Jülicher § 25 Rz 35, § 14 Rz 62). Die Frage, ob, wenn wie hier nur der Vorerwerb mit einem Nießbrauch belastet ist, bei der Besteuerung des Letzterwerbs der Ansatz des Bruttowerts der Vorschenkung (ohne Abzug der Nießbrauchslast) durch Erhöhung des Anrechnungsbetrags zu korrigieren ist (so Gebel in ZEV 2004, 88 ff, 101), weil dem Erwerber die Stundung nach § 25 ErbStG für den Vorerwerb vorenthalten werde, stellt sich auch nicht, weil nämlich der Vorerwerb, da er unter dem damals geltenden Freibetrag von 90.000 DM für ...