rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
EG-Rechtwidrigkeit der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf Veräußerungsgewinne bzw. -verluste mit ausländischen Aktien in 2001. Halbeinkünfteverfahren erst nach Saldierung von Veräußerungsgewinnen und -verlusten bei § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Beschränkung der Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens für Betriebsvermögensmehrungen und -minderungen aus der Veräußerung von Anteilen an ausländischen Körperschaften im Vz 2001 verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG). Damit sind § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a und auch § 3c Abs. 2 S. 1 EStG in 2001 nicht anzuwenden, woraus folgt, dass Betriebsvermögensmehrungen und -minderungen aus der Veräußerung von Auslandsaktien jeweils in voller Höhe zu berücksichtigen sind. Eine Berücksichtigung der Gewinne aus der Veräußerung in hälftiger Höhe und die Berücksichtigung der Verluste in voller Höhe verstößt gegen eine europarechtliche Lösung des Konflikts mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Anschluss an EuGH v. 22.1.2009, C-377/07 STEKO Industriemontage GmbH; BFH v. 28.10.2009, I R 27/08).
2. Die Nichtanwendung des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG aufgrund der Verletzung des Art. 56 EG gilt auch für im Wirtschaftsjahr 2000/2001 vorgenommene Teilwertabschreibungen von Auslandsaktien.
Normenkette
EStG 1997 § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a, § 3c Abs. 2, § 52 Abs. 1, 4a Nr. 2, Abs. 8a i.d.F. StSenkG; EStG 2009 § 52 Abs. 4d Nr. 2 S. 1; EG Art. 56, 58, 234 Abs. 2; GG Art. 100 Abs. 1; FGO § 74
Tenor
1. Unter Änderung des Bescheids vom 29. November 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. September 2007 werden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 25.856 DM festgestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt 6/100 und der Beklagte trägt 94/100 der Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob im Streitjahr das Halbeinkünfteverfahren für Betriebsvermögensmehrungen und -minderungen aus der Veräußerung von Anteilen an ausländischen Körperschaften anwendbar ist.
I.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft. Kommanditist und mit 100% an Gewinn und Betriebsvermögen beteiligt ist [… K]; Komplementär ohne Einlage und Vermögensbeteiligung ist die [… K-GmbH]. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich für ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 31. März.
Mit dem Jahresabschluss auf den 31. März 2001 erklärte die Klägerin in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 133.461,58 DM. Als sonstige betriebliche Aufwendungen wurden Abschreibungen auf Gegenstände des Umlaufvermögens in Höhe von 455.072,59 DM (Jahresabschluss auf den 31. März 2001, Erläuterungen zur Gewinnund Verlustrechnung, Tz. 6, Seite 36) ausgewiesen. Außerdem wurde eine Teilwertabschreibung in Höhe von 35.791,69 DM auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens geltend gemacht (Jahresabschluss auf den 31. März 2001, Erläuterungen zur Gewinn- und Verlustrechnung, Tz. 9, Seite 37).
In der Feststellungserklärung für 2001 vom 22. Mai 2002 erklärte die Klägerin einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 120.371 DM, der sich aus dem Jahresfehlbetrag in Höhe von 133.461,58 DM und Hinzurechnungen für Tätigkeitsvergütungen der Gesellschafter, für Bewirtungsaufwendungen und Spenden in Höhe von insgesamt 13.089,91 DM zusammensetzte. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte den Angaben der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vom 8. Oktober 2002.
In der berichtigten Feststellungserklärung für 2001 vom 16. Juni 2003 erklärte die Klägerin einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.746,67 DM, den sie mit Anpassungen an die Ergebnisse der für den Prüfungszeitraum 2002 bis 2004 durchgeführten steuerlichen Außenprüfung in Höhe von insgesamt 110.625,00 DM begründete. Das FA folgte wiederum unter dem Vorbehalt der Nachprüfung den Angaben der Klägerin und änderte die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2001 mit Bescheid vom 24. Juni 2003.
Im Jahr 2006 forderte das FA die Klägerin auf, die Abschreibungen auf Gegenstände des Umlaufvermögens in Höhe von 455.072,59 DM zu erläutern. Die Klägerin führte aus, dass sich diese Abschreibungen aus Veräußerungsverlusten von im Betriebsvermögen (Umlaufvermögen, B.III., Sachkonto 1804 des betrieblichen Rechnungswesens) gehaltenen Wertpapieren an ausländischen Kapitalgesellschaften zusammensetzen würden (Feststellungsakte 2001, Bl. 90 ff.). Das FA vertrat die Auffassung, dass diese Veräußerungsverluste wegen der Anwendung des Halbe...