Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze eines Automatenaufstellers aus Geldspielgeräten umsatzsteuerfrei?
Leitsatz (redaktionell)
1. Umsätze aus in Spielhallen und Gaststätten aufgestellten Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräten sind nicht gemäß § 4 Nr. 9 b UStG umsatzsteuerfrei.
2. Die Besteuerung der außerhalb der öffentlichen Spielbanken erzielten Spielautomatenumsätze nach nationalem Recht verstößt nicht gegen die 6. EG-Richtlinie 77/388/EWG.
Normenkette
UStG § 4 Nrn. 9, 9 Buchst. b; FGO § 69 Abs. 3; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B lit. f.
Tatbestand
Streitig ist in der Hauptsache (5 K 4280/00 U), ob Umsätze eines Automatenaufstellers aus Geldspielgeräten nach § 4 Nr. 9 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) als umsatzsteuerfreie Umsätze zu behandeln sind, weil vergleichbare Umsätze einer öffentlichen Spielbank gem. § 4 Nr. 9 Buchstabe b zweite Alternative UStG steuerfrei sind.
Die Antragstellerin (Astin.) betreibt als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres im Jahre 1999 verstorbenen Ehemannes einen Automatenaufstellbetrieb. Im Rahmen dieses Betriebes werden Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräte in Gaststätten und in den der Astin. gehörenden Spielhallen aufgestellt. Der Rechtsvorgänger der Astin. und die Astin. selbst erklärten für 1997 und 1998 steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug i. H. v. 225.000 DM (1997) und 270.175 DM (1998). Demgegenüber vertrat der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) in den Umsatzsteuer(USt) -bescheiden 1997 und 1998 vom 03.03. bzw. 13.03.2000 die Auffassung, die Einnahmen aus dem Betrieb der Geldspielgeräte seien nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG steuerfrei, da sie nicht der Rennwett- oder Lotteriesteuer unterlägen.
Mit Verfügung vom 08.05.2000 lehnte das FA die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der mit Einspruch angefochtenen USt-Bescheide ab und wies mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2000 den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Astin. Klage erhoben, über die der Senat noch nicht entschieden hat. Weiter begehrt sie die AdV gem. § 69 Abs. 3 FGO und macht geltend:
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) habe in seiner Entscheidung vom 11.06.1998 (Rs. C – 283/95 – Fischer) entschieden, daß ein Mitgliedstaat die Tätigkeit nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen dürfe, wenn die Veranstaltung eines solchen Glückspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei sei. Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG seien Umsätze steuerfrei, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen, sowie die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt seien. In den öffentlichen Spielbanken werde neben Roulette und verschiedenen Kartenspielen im sog. „Automatensaal” das Glückspiel an Automaten angeboten. Diese Automaten seien – abgesehen vom Spieleinsatz und von der Gewinnhöhe – identisch mit den von der Astin. eingesetzten Geldspielautomaten. Insbesondere aus Tz. 31 der Entscheidung des EuGH ergebe sich, daß ein Mitgliedstaat Spieleinsätze, die in Gaststätten oder Spielhallen an Geldspielautomaten getätigt werden, nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen dürfe, wenn die Veranstaltung eines solchen Glückspiels durch eine zugelassene öffentliche Spielbank steuerfrei sei.
Die Astin. beantragt,
die Vollziehung der USt-Bescheide 1997 und 1998 i. H. v. … DM bzw. … DM auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Das FA nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und hält an der Auffassung fest, daß die Spieleinsätze der USt zu unterwerfen seien. In seinem Urteil vom 11.06.1998 habe der EuGH lediglich klargestellt, daß das unerlaubte Glückspiel unter die 6. EG-Richtlinie falle und nicht der USt unterworfen werden dürfe, wenn das erlaubte Glückspiel von der USt befreit sei. Über einen solchen Sachverhalt sei hier aber nicht zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist nicht begründet.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 FGO an der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte.
1. Unstreitig fallen die hier streitigen Umsätze nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b erste Alternative UStG, da Umsätze an Geldspielautomaten nicht dem Rennwett- und Lotteriegesetz unterliegen. Die mit den in Gaststätten und Spielhallen aufgestellten Geldspielautomaten erzielten Umsätze sind auch nicht nach § 4 Nr. 9 Buchstabe b zweite Alternative UStG steuerfrei, da hiervon nur die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind, betroffen werden.
2. Die Erhebung der USt auf die hier der Höhe nach nicht streitigen Umsätze verstößt nicht gegen Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG). Nach dieser Vorschrift „befreien die Mitgliedsstaaten ……… von der Steuer: Wetten, Lotterien und sonstige Glückspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedsstaat festgelegt werden.”
a) Die EG-Kommission hat auf die Anfrage, ob es mit dem Grundsatz des freien Wettbewerbs vereinbar ist, wenn einerseits die Spielautomaten der ...