Entscheidungsstichwort (Thema)
Todesfallaufwendungen nur außerhalb der Erbschaft abziehbar
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen infolge eines Todesfalles erwachsen, sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn sie von dem Steuerpflichtigen weder aus dem ihm zugefallenen Nachlass noch aus sonstigen ihm im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossenen Geldleistungen bestritten werden können.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 1
Tatbestand
Es ist zu entscheiden, ob Aufwendungen des überlebenden Ehegatten anlässlich des Todes seines Ehepartners für seine eigene Grabstätte in einem Doppelgrab neben dem verstorbenen Ehepartner als außergewöhnliche Belastung (agB) zu berücksichtigen sind (§ 33 Einkommensteuergesetz (EStG)).
Die Ehefrau des Klägers (Kl.) verstarb am 02.08.2002. In seiner Einkommensteuer (ESt)-Erklärung für das Streitjahr 2002 machte der Kl. die Beerdigungskosten i. H. v. 7.234 EUR geltend. Er erklärte, dass die verstorbene Ehefrau zur Hälfte Eigentümerin des Gründstücks L.-Weg 01 (Grundstück) war und dass sie darüber hinaus keinen Nachlass hinterlassen hatte. In dem ESt-Bescheid für 2002 vom 01.08.2003 berücksichtigte der Beklagte (Bekl.) – das Finanzamt (FA) – die Beerdigungskosten nicht, weil der Wert des Grundstücks gegen zu rechnen sei. Mit dem Einspruch begehrte der Kläger erfolglos, die Aufwendungen für den Erwerb und die Pflege der eigenen Grabstätte im Doppelgrab neben seiner verstorbenen Ehefrau i. H. v. insgesamt 2.049,50 EUR als agB anzuerkennen. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
Erwerb der eigenen Grabstätte |
1,835,00 EUR |
Zulassung von Grabzeichen |
18,50 EUR |
Pflege der eigenen Grabstätte |
196,25 EUR |
Im Klageverfahren verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Die Aufwendungen für die eigene Grabstätte seien ihm zwangsläufig erwachsen. Er habe sich aus sittlichen Gründen dem Erwerb der eigenen Grabstätte neben dem Grab seiner verstorbenen Ehefrau nicht entziehen können. Die Ehe stehe unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG)). Dieser besondere Schutz wirke über den Tod eines Ehegatten hinaus. Die gemeinsame Grabstätte sei als ein Ausdruck der in der Ehe gegründeten besonderen Zusammengehörigkeit zwischen Mann und Frau auch über dem Tod hinaus anzusehen. Es sei nicht gerechtfertigt, allein wegen des zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Tod seiner Ehefrau und dem Erwerb seiner eigenen Grabstätte darauf abzustellen, dass er die Kosten seiner
eigenen Grabstätte aus dem Nachlass seiner Ehefrau befriedigen könne. Er mache keine Aufwendungen geltend, die ihm in Folge des Todes seiner Ehefrau entstanden seien, sondern Aufwendungen, die er als Vorkehrung für seinen eigenen Tod getätigt habe.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des ESt-Bescheids für 2002 vom 01.08.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung (EE) vom 18.05.2004 seine Aufwendungen für den Erwerb der eigenen Grabstätte i. H. v. 2.049,50 EUR als agB anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Steuerakte verwiesen.
Der Berichterstatter entscheidet im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats (§ 79 a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung (FGO)).
Der erkennende Richter hat in dieser Sache am 01.06.2005 verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Bekl. hat es zu Recht abgelehnt, die geltend gemachten Aufwendungen für den Erwerb und die Pflege der eigenen Grabstätte des Kl. im Doppelgrab neben dessen verstorbener Ehefrau i. H. v. insgesamt 2.049,50 EUR als agB anzuerkennen.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die ESt in bestimmter Weise ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen. Die Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann – Zwangsläufigkeit dem Grunde nach – und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen – Zwangsläufigkeit der Höhe nach – (§ 33 Abs. 2 S. 1 EStG).
Die Vorschrift des § 33 EStG dient – im Wesentlichen in Ergänzung zu § 10 EStG und § 32 a Abs. 1 EStG – dazu, sicherzustellen, dass die Besteuerung erst jenseits des Existenzminimums einsetzt. Die Vorschrift will Fällen Rechnung tragen, in denen das Existenzminimum höher als im Normalfall liegt. Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen infolge eines Todesfalles erwachsen, sind deshalb – selbst wenn sie an sich die Voraussetzung der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit erfüllen – grundsätzlich nur dann als agB anerkannt worden, wenn sie von dem Steuerpflichtigen nicht aus dem ihm als Erben zugefallenen Nachlass bestritten werden können und nicht durch sonstige...