Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch; Berechtigung
Leitsatz (redaktionell)
Kindergeld wird an denjenigen Berechtigten gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Haushaltsaufnahme bedeutet die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art. Die Regelung, dass bei mehreren Berechtigten das Kindergeld an denjenigen zu zahlen ist, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (Obhutsprinzip), verstößt weder gegen Verfassungs- noch europäisches Gemeinschaftsrecht.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 1, 2 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin (Klin.) für ihre Tochter T… von September 2003 bis Januar 2004 Kindergeld zusteht.
Die Klin. hat eine Tochter T. (geb. 07.01.1988) und einen Sohn S. (geb. am 31.03.1990). Der Vater der Kinder ist V., der Beigeladene, mit dem die Klin. bis zur ihrer Scheidung verheiratet war. T. lebte im Haushalt der Klin. Sie ist Mitte August 2003 zu ihrem Vater gezogen, Mitte Januar 2004 kehrte sie in den Haushalt der Klin. zurück.
Nach Ankündigung der Beklagten (Bekl.), die Kindergeldbewilligung ab September 2003 aufzuheben, teilte die Klin. mit, sie allein habe das Sorgerecht. T. sei ohne ihr Wissen zum Vater gezogen. Sie sei damit nicht einverstanden. Auf Zwangsmaßnahmen habe sie zum Wohle des Kindes verzichtet. Gemeldet sei T. nach wie vor bei ihr.
Mit Bescheid vom 24.02.2004 hat die Bekl. die Kindergeldfestsetzung für T. für September 2003 bis Januar 2004 aufgehoben und das Kindergeld in Höhe von insgesamt 770 Euro zurückgefordert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 24.02.2004 Bezug genommen, Bl. 65 f. der KG-Akte.
Den Einspruch der Klin. wies die Bekl. zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die EE vom 25.03.2004 Bezug genommen, Bl. 75 ff. der KG-Akte.
Die Klin. erhob Klage.
Sie habe das alleinige Sorgerecht für T. T. habe sich ohne ihr Wissen zu ihrem Vater abgesetzt, da sie dort keine erzieherischen Maßnahmen erwartet habe. Dem Aufenthalt von T. bei ihrem Vater habe sie ausdrücklich widersprochen. Auf Zwangsmaßnahmen sei zum Wohl des Kindes verzichtet worden. Im Februar 2004 sei T. in den Haushalt der Klin. zurückgekehrt. Der vom Vater von T. beim Amtsgericht B-Stadt gestellte Antrag auf vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und Übertragung der elterlichen Sorge sei zurückgenommen worden. T. sei übrigens stets bei der Klin. gemeldet gewesen. Bei dem Aufenthalt von T. bei ihrem Vater habe es sich um einen vorübergehenden Aufenthalt gehandelt, dies sei von vornherein absehbar gewesen.
Der der Entscheidung des BFH vom 20.06.2001 (IV R 224/89, BStBl II 2001, 713) zugrunde liegende Sachverhalt sei mit dem mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Gleichgelagert sei der zitierte Sachverhalt, über den der BFH zu entscheiden gehabt habe, mit dem hier vorliegenden Rechtsstreit lediglich dahingehend, dass die Töchter des Kl. in dem Streitfall beim BFH entgegen seinem Willen zur nicht sorgeberechtigten Mutter gezogen seien. Der entscheidende Unterschied sei darin zu sehen, dass die sich seiner Zeit streitenden Parteien darauf verständigt hätten, dass die Kinder bis zur Entscheidung des Sorgerechtsverfahren bei der damals nicht sorgeberechtigten Mutter bleiben sollten. Für die Unterbringung der Kinder sei damit ein rechtmäßiger Zustand geschaffen worden. Der hier zu entscheidende Fall liege anders. Der Vater von T. sei mit anwaltlichem Schreiben vom 29.08.2003 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Aufenthalt des Kindes in seinem Haushalt nicht geduldet werde (Bl. 38 der Gerichtsakte des AG B-Stadt 34 F 337/03). Mit weiterem Schreiben vom 16.10.2003 sei er aufgefordert worden, alles daran zu setzen, dass das Kind sich wieder in die Obhut der sorgeberechtigten Mutter begebe (Bl. 3 der Gerichtsakte des AG B-Stadt 34 F 337/03). Eine betreuende Funktion sei auf den Kindesvater also gerade nicht übergegangen. Ein Betreuungsverhältnis sei aber Voraussetzung, so heiße es in der Entscheidung des BFH vom 20.06.2001, a. a. O.: „Haushaltsaufnahme i. S. d. Vorschrift (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG) bedeutet die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Sorge, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein.” Ein solches Betreuungsverhältnis sei aber im Streitfall nicht entstanden.
So habe es auch das OLG C-Stadt in einem Rechtsstreit gesehen, mit dem die Klin. für den streitgegenständlichen Zeitraum Unterhaltszahlungen von dem Kindesvater verlangt habe. In dem Verfahren (9 UF 95/04) habe der Senat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wegen der fehlenden Sorgeberechtigung und des Widerspruchs der Klin. und Kindesmutter ein Betreuungsverhältnis nicht habe entstehen können und der Kindesvater demnach trotz der Abwesenheit des Kindes w...