Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht von Ansprüchen aus Lebensversicherungen
Leitsatz (redaktionell)
1) Gewinne aus der Veräußerung von GbR-Anteilen sind gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG auch insoweit steuerpflichtig, als sie auf die Veräußerung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen entfallen. Die Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung steht der Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter insoweit gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG gleich.
2) Die Regelung des § 52a Abs. 10 Satz 5 Halbsatz 2 EStG, durch die die Steuerpflicht von Veräußerungserlösen aus steuerschädlich verwendeten Lebensversicherungen, die vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurden, angeordnet wird, wenn die Veräußerung nach dem 31.12.2008 stattfindet, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herzuleitende Rückwirkungsverbot.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 S. 3, § 52a Abs. 10 S. 5 Hs. 2, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 6
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Gewinn aus der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen einkommensteuerpflichtig ist, soweit er auf Zinsen aus Lebensversicherungen entfällt.
Die Kläger waren im Streitjahr 2011 Gesellschafter der im Jahr 1995 gegründeten X GbR (im Folgenden: GbR). Diese errichtete in E sechs Gebäude mit insgesamt 113 Wohneinheiten, aus denen sie in der Folgezeit Vermietungseinkünfte erzielte. Zur Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten schloss die GbR im Dezember 1995 zwei Darlehensverträge bei der …, heute A-Bank (im Folgenden: A-Bank) über 14,5 Mio. DM und bei der …, heute B-Bank (im folgenden: B-Bank) über 14 Mio. DM ab. Die miteinander kooperierenden Kreditinstitute zahlten die Darlehen jeweils unter Einbehalt eines 10-prozentigen Damnums aus.
Ebenfalls im Dezember 1995 schloss die GbR vier Kapitallebensversicherungen bei der … über insgesamt 15.364.386 DM (Versicherungsnummern 0000000001-4) ab. Versicherungsbeginn war der 1.12.1995. Die Laufzeit betrug 16 Jahre.
Zur Besicherung des mit der A-Bank geschlossenen Darlehensvertrags bestellte die GbR zugunsten der B-Bank eine Grundschuld an dem Investitionsgrundstück in Höhe von 28,5 Mio. DM. Die GbR trat die Ansprüche aus den Kapitallebensversicherungen in Höhe eines Betrages von insgesamt 14,5 Mio. DM an die A-Bank zur Sicherheit ab. Ferner trat die GbR zweitrangig an die B-Bank zur Sicherung deren Darlehensrückzahlungsanspruchs ihre Lebensversicherungsansprüche in Höhe des Nettokreditbetrags von 12,6 Mio. DM ab.
Nach entsprechender Anzeige der A-Bank stellte der Beklagte mit Bescheid vom 23.11.1998 gegenüber der GbR die Steuerpflicht von Zinsen aus den oben genannten Kapitallebensversicherungen gesondert fest, da durch die Abtretung der Versicherungsansprüche nicht nur die mit dem Darlehen der A-Bank finanzierten Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern auch das Disagio abgesichert worden sei. Im Tenor dieses Bescheids heißt es: „Wegen dieser Verwendung sind die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der oben genannten Versicherung insgesamt einkommensteuerpflichtig.” Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Im Jahr 2005 vereinbarten die GbR und die A-Bank zwecks Klarstellung, dass die Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungen auf den Nettokreditbetrag in Höhe von insgesamt 1.668.089 EUR begrenzt werde. Unter Hinweis hierauf beantragte die GbR, den Feststellungsbescheid vom 23.11.1998 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) aufzuheben. Dies lehnte der Beklagte ab und wies auch den hiergegen eingelegten Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen erhoben die damaligen Gesellschafter der GbR Klage und trugen u.a. vor, die Feststellungsbescheide vom 23.11.1998 seien nicht wirksam bekannt gegeben worden, da die Feststellung der Steuerpflicht der Zinsen nicht nur gesondert, sondern auch gegenüber allen Gesellschaftern einheitlich habe erfolgen müssen.
Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster wies die Klage mit Urteil vom 27.8.2010 als unbegründet zurück (Az. 4 K 3982/07 F). In den Urteilsgründen wird insbesondere ausgeführt, dass die Feststellung der Steuerpflicht der Zinsen nicht nichtig sei. Die Feststellung habe nicht einheitlich erfolgen müssen, weil ausschließlich die GbR als Versicherungsnehmerin vom Regelungsgehalt der Feststellungsbescheide betroffen werde. Es handele sich dabei um Grundlagenbescheide für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der GbR. Eine Änderung der Feststellungsbescheide komme nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen für eine steuerunschädliche Verwendung der Ansprüche aus den Lebensversicherungen nicht gegeben gewesen seien. Zwar habe das Darlehen der A-Bank unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zur dauernden Einkünfteerzielung dienenden Wirtschaftsguts gedient. Hierfür sei nach dem BFH-Urteil vom 19.1.2010 (VIII R 40...