Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorwegabzug
Leitsatz (redaktionell)
Die Zusage einer gleich hohen Altersversorgung durch eine GmbH an ihre Gesellschafter ist jeweils als eine eigene Beitragsleistung der Gesellschafter zu werten mit der Folge, dass der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen nicht zu kürzen ist.
Normenkette
EStG §§ 19, 10 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Einkommensteuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geändert werden konnten.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der 1943 geborene Kl. ist Gesellschafter und Geschäftsführer bei der Firma L – GmbH. Neben ihm ist noch ein weiterer Gesellschafter (geb. 1940) als Geschäftsführer tätig. Beide Geschäftsführer sind zu jeweils 50 v.H. an der GmbH beteiligt. Im Januar 1990 bekamen sie von der Firma eine Versorgungszusage, ab dem 65. Lebensjahr jeweils monatlich 750 DM zu erhalten. In den folgenden Jahren bildete die GmbH entsprechende Rückstellungen.
Die in den ESt-Erklärungsvordrucken 1996 bis 2000 gestellten Fragen auf das Vorhandensein einer Anwartschaft auf Altersversorgung als GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung beantwortete der Kläger (Kl.) nicht (1996, 1998, 2000), bzw. er gab an, es bestehe keine Anwartschaft auf Altersversorgung aus der Tätigkeit als GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer (1997 und 1999). Die Veranlagungen der Streitjahre 1996 bis 2000 erfolgten jeweils ohne Kürzung des sog. Vorwegabzugs. Als der Beklagte (Bekl.) durch eine Kontrollmitteilung von der Versorgungszusage erfuhr, änderte er die Streitjahre und kürzte bei der Berechnung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen den Vorwegabzug. Der gegen die geänderten Steuerbescheide eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Kl. sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Kürzung zwar gegeben seien. Jedoch sei die Kürzung im Streitfall nicht mit der Zielsetzung des Gesetzes zu vereinbaren, Vorsorgeaufwendungen hinreichend zu begünstigen. Denn für eine relativ kleine Pensionszusage werde in erheblichem Maße der Vorwegabzug gekürzt. Insoweit verstoße die durchgeführte Kürzung gegen das im Steuerrecht geltende Übermaßverbot und gegen die im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigenden Gerechtigkeitsgrundsätze. Zudem sei hier das Prinzip der Besteuerung der Leistungsfähigkeit und damit der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.
Die Kl. beantragen,
unter Aufhebung der geänderten ESt-Bescheide 1996 bis 2000 vom 5.11.2001 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung (EE) vom 7. Januar 2002 den Vorwegabzug gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 a Einkommensteuergesetz (EStG) ungekürzt anzusetzen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Gründe seiner EE und ist der Auffassung, dass der Vorwegabzug zu Recht gekürzt wurde. Das BFH-Urteil vom 16.10.2002 XI R 25/01 sei nur auf Alleingesellschafter, nicht auf beherrschende Mitgesellschafter – Geschäftsführer einer GmbH anzuwenden.
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Das FA hat zu Unrecht wegen der dem Kläger gewährten Versorgungszusage den Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG gekürzt. Die Änderungen der Steuerbescheide 1996 bis 2000 und die EE sind daher antragsgemäß aufzuheben.
Der Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG ist um 16 v. H. der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 EStG (ohne Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 2 EStG) zu kürzen, wenn der Steuerpflichtige während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt oder eine rentenversicherungsfreie Berufstätigkeit ausübt und im Zusammenhang damit aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben hat. Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Auffassung des Bekl. hier nicht vor.
Dem Kl. und seinem Mitgesellschafter wurde von der GmbH eine gleich hohe Altersversorgung zugesagt. Dies ist wirtschaftlich betrachtet jeweils als eine eigene Beitragsleistung der Gesellschafter zu sehen, so dass insoweit nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 16.10. 2002 XI R 25/01 (BFHE 200, 554, BFH/NV 2003, 252) der Vorwegabzug für die Vorsorgeaufwendungen nicht zu kürzen ist.
Insoweit ist es nach Auffassung des Senats ohne Bedeutung, dass der Kläger nur zu 50 % und nicht zu 100 % – wie im Urteilsfall des BFH – an der GmbH beteiligt war. Denn soweit es die Pensionszusage betrifft, verfolgte er mit seinem Mitgesellschafter gleichgerichtete Interessen. Zudem wurden die Pensionszusagen zeitgleich abgeschlossen und auch in gleicher Höhe festgelegt. Dass in den Gewinnermittlungen unterschiedliche Pensionsansprüche ausgewiesen sind, ist allein durch das geringfügig unterschiedliche Lebensalter der beiden Gesellschafter...