Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnsitz eines Kindes
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Kindergeldberechtigter hat keinen Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder einem EU/EWR-Staat hat.
2) Ein in den USA geborenes und dort mit den Eltern lebendes Kind, das sich nur zwischenzeitlich während besuchsweiser Aufenthalte am beibehaltenen inländischen Wohnsitz der Eltern aufhält, begründet dort selbst keinen inländischen Wohnsitz.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 3; AO § 8; EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Festsetzung von Kindergeld für den am 2. April 2009 in den USA geborenen … (C) für den Zeitraum von April 2009 bis Juni 2010.
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und war in dem Zeitraum von September 2008 bis zunächst August 2010 von seinem Arbeitgeber, der X. J. GmbH & Co. KG, bei der er seit 2004 arbeitet, in einen Betrieb nach W. in den USA entsandt worden. Er zog aus diesem Grund 2008 gemeinsam mit seiner Ehefrau in die USA und meldete sich bei dem Einwohnermeldeamt der Stadt E. ab. In Deutschland hatten der Kläger und seine Ehefrau seit 2006 in einer 82 qm-großen Mietwohnung in der M-Straße 01 in E. gewohnt. Während der Arbeitnehmerentsendung, die im Jahr 2010 bis Juni 2011 verlängert wurde, ist der Mietvertrag für die Wohnung von ihnen nicht gekündigt und fortlaufend Miete einschließlich sämtlicher Nebenkosten (z.B. GEZ-Gebühren) gezahlt worden. Eine Untervermietung der weiterhin voll eingerichteten Wohnung erfolgte nicht. Nach der Beendigung der von Anfang an zeitlich begrenzten Arbeitnehmerentsendung bewohnten der Kläger, seine Ehefrau und sein Sohn ab Juni 2011 die Wohnung in der M-Straße 01 in E.. Sie sind im Dezember 2011 in eine andere Wohnung in E. umgezogen.
Der Kläger stellte im Januar 2010 bei der Beklagten einen Antrag auf Kindergeld für seinen am 2. April 2009 in den USA geborenen Sohn C. Er fügte seinem Antrag eine Bescheinigung seines Arbeitgebers über die Arbeitnehmerentsendung und eine Geburtsurkunde des C bei. Ferner führte er aus: Er habe weiterhin eine Wohnung in der M-Straße 01 in E. inne, welche er und seine Ehefrau dauerhaft gemietet hätten und welche ausschließlich durch sie genutzt und nicht untervermietet werde. Die Wohnung solle auch nach der Rückkehr von ihnen genutzt werden. Die Haushaltsbescheinigung habe nicht amtlich bestätigt werden können, da sie in den USA lebten und sie in Deutschland nicht mehr gemeldet seien.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2010 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Ablichtung des Mietvertrags über die Wohnung in E. und eine Bescheinigung des Finanzamts über seine unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu übersenden sowie nachzuweisen, in welchen Zeiträumen er sich 2009 in Deutschland aufgehalten habe. Nach Aktenlage ist der Kläger dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Mit Verfügung vom 22. April 2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindergeld ab April 2009 ab. Zur Begründung führte sie aus: Nach § 62 EStG habe Anspruch auf Kindergeld, wer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe oder im Ausland wohne, aber in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werde. Diese Anspruchsvoraussetzungen seien nach den ihr vorliegenden Unterlagen nicht erfüllt.
Der Kläger legte gegen die (Ablehnungs-)Verfügung am 5. Mai 2010 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor: Er habe einen Wohnsitz in Deutschland. Die geforderten Nachweise habe er bereits – wie angefordert – übersandt. Er habe zudem das Finanzamt gebeten, die unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne des § 1 Abs. 1 EStG zu bestätigen. Ein entsprechender Nachweis liege jedoch noch nicht vor.
In der Kindergeldakte ist eine Gesprächsnotiz der Beklagten über ein Telefonat mit dem Finanzamt E. vom 25. Juni 2010 abgeheftet. Inhalt der Gesprächsnotiz: „Das Finanzamt hat die Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung über das Vorliegen der Steuerpflicht versagt. Von dort sei man der Ansicht, dass ein Wohnsitz im Inland nicht vorliege!”.
Die Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2010 als unbegründet zurück, da die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 EStG nicht vorlägen.
Der Kläger hat am 21. Juli 2010 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor: Er habe einen Anspruch auf Kindergeld, da ein Wohnsitz in Deutschland tatsächlich vorhanden gewesen sei. Natürlich sei er aufgrund seines Aufenthalts in den USA nicht länger in E. beim Einwohnermeldeamt gemeldet gewesen. Dies habe jedoch keinen Einfluss auf die Tatsache des weiterhin bestehenden tatsächlich vorhandenen Wohnsitzes. Die voll ausgestattete und eingerichtete Wohnung sei während ihres Auslandsaufenthaltes für mehrwöchige Aufenthalte in E. genutzt worden. Er übersandte Rechnungen für die Flugtickets für sich, seine Ehefrau und C für die Zeiträume vom 05. Juli bis 26. Juli 2009, vom 1...