Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für ein über 25 Jahre altes Kind, das einen sog. "Anderen Dienst" im Ausland nach § 14b ZivildienstG verrichtet
Leitsatz (redaktionell)
1) Übt ein Kind, das über 25 Jahre alt ist, einen sog. "Anderen Dienst" im Ausland nach § 14b ZivildienstG aus, endet der Anspruch seiner Eltern auf Kindergeld mit dem Eintritt des 25 Lebensjahrs ohne die Möglichkeit einer Verlängerungszeit, weil der Katalog der Dienstleistungen in § 32 Abs. 5 EStG abschließend und nicht analogiefähig ist.
2) Eine gleichheitssatzkonforme Ausdehnung der Verlängerungstatbestände unter Berufung auf die Situation von wehr- oder zivildienstleistenden Kindern kommt nicht in Betracht, da während des Wehr- oder Zivildienstes - anders als im Fall des § 14b ZivildienstG - gerade kein Kindergeld gezahlt wird. Zudem werden sog. "Andere Dienste" nach § 14b ZivildienstG durch das Kind freiwillig geleistet.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a, § 70 Abs. 2; ZivildienstG § 14b; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 32 Abs. 5 S. 1
Tatbestand
Streitig ist die Rechtsfrage, ob Kindergeld auch für ein über 25 Jahre altes Kind zu gewähren ist, das einen sog. „Anderen Dienst” im Ausland gem. § 14b Zivildienstgesetz (ZDG) absolviert hat.
Die Klägerin (Klin.) ist Mutter des im Januar 1983 geborenen Kindes K. Sie bezog für K laufend bis einschließlich Januar 2008 (Vollendung des 25. Lebensjahres) Kindergeld.
K leistete nach der Schulzeit vom 29.7.2003 bis 30.9.2004 in X (Ausland) statt des Zivildienstes einen sog. „Anderen Dienst” i.S. des § 14 ZDG. Die Dienstleistung erfolgte – wie vom Gesetz vorgesehen – unentgeltlich. Lediglich Versicherungsleistungen (u.a. Krankenversicherungen) wurden vom Bund übernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheinigung des Bischöflichen Generalvikariats N vom 10.7.2003 Bezug genommen (Bl. 29 der Kindergeldakte).
Unmittelbar nach Ende des Dienstes im Ausland nahm K an der Universität N ein Studium auf.
Mit Bescheid vom 19.2.2008 hob die beklagte Familienkasse (FK) die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klin. für K mit Wirkung ab Februar 2008 gem. § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf. Im Bescheid führte die FK an, für K sei bereits für die Zeit der Dienstleistung i.S. des § 14b ZDG Kindergeld gezahlt worden. Eine Verlängerung über das 25. Lebensjahr hinaus könne deshalb nicht erfolgen.
Im Einspruchsverfahren begehrte die Klin. die Fortbewilligung des Kindergeldes über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus für die Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes. Die FK berücksichtige nicht ausreichend die wirtschaftliche Situation eines Dienstleistenden nach § 14b ZDG. Anders als ein Grundwehrdienstleistender bezöge ein Dienstleistender i.S. des § 14b ZDG keinen Sold, die Tätigkeit sei unentgeltlich. Die Unterhaltspflicht der Erziehungsberechtigten bestehe daher fort. Grundwehrdienst und Anderer Dienst i.S. des § 14b ZVG seien gleich zu behandeln. Die Berufsausbildung verzögere sich in beiden Fällen.
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 30.6.2008, auf die Bezug genommen wird, wies die FK den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Klin. erhob am 4.8.2008 Klage. Sie beruft sich auf einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch habe sie seinerzeit nicht wissen können, dass durch die Absolvierung des Dienstes im Ausland keine Verlängerung des Kindergeldanspruchs begründet worden sei. Die Entscheidung sei getroffen worden in der Annahme, dass keine weiteren wirtschaftlichen Nachteile während des Studiums eintreten würden. Der Auslandsdienst von zwölf Monaten habe den Abschluss des Studiums entsprechend verzögert.
Die Klin. beantragt (sinngemäß),
den Aufhebungsbescheid vom 19.2.2008 in Gestalt der EE vom 30.6.2008 aufzuheben und ihr auch für die Dauer des Anderen Dienstes i.S. des § 14b ZDG von zwölf Monaten über die Vollendung des 25. Lebensjahres von K hinaus Kindergeld in der gesetzlichen Höhe zu zahlen.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die FK führt im Wesentlichen an, bei dem von K geleisteten Anderen Dienst i.S. des § 14b ZDG handele es sich nicht um einen Verlängerungstatbestand gem. § 32 Abs. 5 EStG.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die EE vom 30.6.2008 und die Schriftsätze der Beteiligten.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist unbegründet. Der Aufhebungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klin. nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Nach § 70 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Aufzuheben oder zu ändern ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an.
Im Streitfall haben sich mit Ablauf des Monats Januar 2008 die kindergeldbegründenden Umstände zum Nachteil...