Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung für polizeiliches Führungszeugnis kein Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn ein kirchlicher Arbeitgeber Arbeitnehmer(innen im sozialen Bereich beschäftigt und von diesen nach internen Vorgaben zur Prävention sexualisierter Gewalt an Minderjährige und sonstige Schutzbefohlene von den Beschäftigten erweiterte Führungszeugnisse verlangt, wofür Verwaltungsgebühren in Höhe von jeweils 13 € entstehen, führen die Erstattungen der entsprechenden Aufwendungen nicht zu Arbeitslohn.
2. Vorteile des Arbeitnehmers, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen und im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen, stellen keinen Arbeitslohn dar.
3. Die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz vorzunehmende Gesamtwürdigung hat in diesem Zusammenhang insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen.
4. Das Bestehen eines gesetzlichen Erstattungsanspruchs entsprechend § 670 BGB spricht für ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse.
5. Zahlungen des Arbeitgebers, mit denen Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden, haben keinen Entlohnungscharakter und sind nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1 S. 1, §§ 38a, 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; LStDV § 2 Abs. 1; BGB § 241 Abs. 2, § 670; BZRG §§ 30, 30a; SGB VIII § 72a; EStG § 3 Nr. 50
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Nachforderung von Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für die Erstattung der Kosten für die regelmäßige Einholung von erweiterten Führungszeugnissen einer Vielzahl von Arbeitnehmern der Kläger.
Die Kläger gehören zum Arbeitgeberkreis des Generalvikariats des Bistums X-Stadt. Sie beschäftigen als freie Träger ArbeitnehmerInnen im sozialen Bereich (z.B. Geistliche, LehrerInnen, ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen).
Nach der Ordnung zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen für die Diözese X-Stadt (PrävO) vom 11.04.2014 (veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt …, Stück …, Nr. …) haben sich die kirchlichen Rechtsträger (u.a.) folgende Verpflichtungen auferlegt:
In § 2 Abs. 7 heißt es: „Mitarbeitende sowie ehrenamtlich Tätige im Sinne dieser Ordnung sind alle Personen einschließlich Kleriker und Ordensangehörige, die im Rahmen ihrer haupt-, neben- oder ehrenamtlichen Tätigkeit Minderjährige, schutz- oder hilfebedürftige Erwachsener beaufsichtigen, betreuen, erziehen, ausbilden oder vergleichbaren Kontakt zu ihnen haben. Soweit eine Ausführungsbestimmung nichts Abweichendes regelt, sind Honorarkräfte, Praktikanten, Freiwilligendienstleistende und Mehraufwandsentschädigungskräfte (1-Euro-Jobber) auch Mitarbeitende im Sinne dieser Ordnung.”
In § 4 heißt es u.a.:
„(1) Kirchliche Rechtsträger tragen Verantwortung dafür, dass nur Personen mit der Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung von Minderjährigen und Schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen betraut werden, die neben der erforderlichen fachlichen auch über die persönliche Eignung verfügen.
(…)
(3) Personen im Sinne von § 2 Abs. 7 dürfen in keinem Fall eingesetzt werden, wenn sie rechtskräftig wegen einer in § 2 Abs. 2 oder 3 genannten Straftat verurteilt worden sind.”
In § 5 heißt es unter (1) weiter: „Zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus § 4 haben sich kirchliche Rechtsträger von Personen gemäß § 2 Abs. 7 bei der Einstellung bzw. Beauftragung und nachfolgend im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren entsprechend den gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Regelungen, insbesondere des Bundeskinderschutzgesetzes, sowie der zu diesem Paragrafen erlassenen Ausführungsbestimmung ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen zu lassen. (…)”
Die Ausführungsbestimmungen zu § 5 PrävO (veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt des Jahres …, Bl. …) enthalten unter 1. folgende Regelung: „Die Aufforderung zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses enthält die Bescheinigung der beruflichen Tätigkeit, die zur Beantragung des erweiterten Führungszeugnisses berechtigt. Die anfallenden Kosten für die Erteilung trägt der kirchliche Rechtsträger. Ausgenommen ist die Kostenübernahme bei Neueinstellungen.”
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die PrävO samt Ausführungsbestimmungen (Bl. 23ff. der Rechtsbehelfsakte betreffend den Kläger zu 1.) Bezug genommen.
Der Beklagte führte für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2016 eine Lohnsteueraußenprüfung (LStAP) bei den Klägern durch. Die Prüfer vertraten die Auffassung, dass die von den Klägern erstatteten Aufwendungen für die Erteilung von erweiterten Führungszeugnissen in den jeweils laufenden Besc...