Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeld für ein über 24 Jahre altes Kind während dessen freiwilligem sozialen Jahr
Leitsatz (redaktionell)
Kindergeld für ein Kind, das während eines freiwilligen sozialen Jahres zum Kindergeldbezug der Eltern berechtigt hat, ist nicht mehr ab der Vollendung des 25. Lebensjahres zu gewähren; eine Ungleichbehandlung mit Zivildienstleistenden ist gerechtfertigt.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 2; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 5, § 70 Abs. 2, § 62 Abs. 2
Tatbestand
I.
Zu entscheiden ist, ob die Beklagte zu Recht die Kindergeldfestsetzung ab dem Monat September 2011 aufgehoben hat.
Der Kläger erhielt für seinen am 18.08.1986 geborenen Sohn S. bis einschließlich August 2011 laufend Kindergeld.
S. studiert Informatik an der Technischen Universität A-Stadt und absolvierte vom 01.08.2006 bis zum 31.07.2007 ein freiwilliges soziales Jahr beim Diakonischen Werk. Auf die vorgelegten Studienbescheinigungen sowie das Zeugnis und die Bescheinigung des Diakonischen Werkes wird Bezug genommen.
Während der Dauer des freiwilligen sozialen Jahres wurde Kindergeld an den Kläger ausgezahlt.
Mit einem zentralversandten Bescheid vom 19.07.2011 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für S. ab September 2011 wegen Vollendung des 25. Lebensjahres auf. Zugleich forderte sie den Kläger auf, das Andauern der Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nachzuweisen und wies auf die Möglichkeit der Weiterzahlung des Kindergeldes über das 25. Lebensjahr hinaus und die insoweit zu erfüllenden Voraussetzungen hin.
Der Kläger reichte daraufhin am 02.08.2011 eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen seines Sohnes sowie eine Studienbescheinigung für das Sommersemester 2011 ein und teilte unter Beifügung des Zeugnisses des Diakonischen Werkes mit, S. habe ein freiwilliges soziales Jahr absolviert. Die Beklagte wies den Kläger in der Folge darauf hin, dass ein freiwilliges soziales Jahr kein verlängerungsbegründender Tatbestand sei, so dass der Bescheid vom 19.07.2011 aufrecht erhalten bleibe. Mit seinem am 25.08.2011 bei der Familienkasse eingegangenen Schreiben vom 24.08.2011, auf das verwiesen wird, vertrat der Kläger die Auffassung, es sei weiterhin Kindergeld an ihn zu zahlen.
Die Beklagte wertete die Eingabe des Klägers als Einspruch und wies diesen mit Einspruchsentscheidung vom 31.08.2011 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, er habe über den Monat August 2011 Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn S. …
Das freiwillige soziale Jahr sei zwar nicht im Katalog der Verlängerungstatbestände des § 32 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) aufgeführt. § 32 Abs. 5 EStG sei vorliegend jedoch analog anzuwenden.
Es liege an planwidrige Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber habe bei Ausgestaltung des § 32 Abs. 5 EStG und den dort genannten Tatbeständen das freiwillige soziale Jahr außer Acht gelassen. Dies werde u.a. an der Regelung des § 14c Abs. 1 Zivildienstgesetz (ZDG) deutlich, wonach anerkannte Kriegsdienstverweigerer nicht zum Zivildienst herangezogen werden, wenn sie sich nach ihrer Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu einem freiwilligen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstgesetz verpflichten. Hiermit stelle der Gesetzgeber klar, dass ein Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstgesetz ein gleichwertiger Ersatzdienst i.S.d. ZDG sei. Demnach wäre es nur konsequent gewesen, das freiwillige soziale Jahr ebenfalls als Verlängerungstatbestand in § 32 Abs. 5 EStG aufzunehmen.
Es liege eine gleiche Interessenlage zwischen dem streitgegenständlichen Sachverhalt und den in § 32 Abs. 5 EStG geregelten Fällen vor. Zivildienstleistende erhielten eine wesentlich höhere Vergütung als diejenigen, die ein freiwilliges soziales Jahr ableisteten. Darüber hinaus hätten viele Zivildienstleistende die Möglichkeit, diensteigene Unterkünfte zu nutzen. Aufgrund der wesentlich besseren Versorgung bedürfen Zivildienstleistende während der Zeit des Zivildienstes daher keiner Unterstützung durch die Eltern. Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres bekämen hingegen nur ein Taschengeld und seien im Übrigen darauf angewiesen, ihren Unterhalt durch weitere Arbeit oder die Unterstützung ihrer Eltern zu finanzieren. Die Eltern von Kindern, die sich für ein freiwilliges soziales Jahr entschieden, seien daher überdurchschnittlich belastet. Bereits aus diesem Grunde sei es gerechtfertigt, den Verlängerungstatbestand des § 32 Abs. 5 EStG auch auf das freiwillige soziale Jahr anzuwenden. Ansonsten wäre der Kläger im Vergleich zu Eltern, deren Kinder Zivildienst leisten, benachteiligt. Dass der Kläger während der Zeit der Absolvierung des freiwilligen sozialen Jahres weiterhin Kindergeld für seinen Sohn bezogen habe, sei in der Abgrenzung zu einem Zivildienstleistenden nicht entscheidungserheblich.
Für eine analoge Anwendung spreche ferner der Gesetzeszweck. § 32 Abs. 5 EStG trage dem Umstand Rechnung, dass ein Kind während der Dauer des Wehr- oder Zivildienstes keiner Berufs...