Entscheidungsstichwort (Thema)
USA-Studienreise einer Englischlehrerin
Leitsatz (redaktionell)
1) Lag der Durchführung einer Studienreise zwar eine berufliche Veranlassung zugrunde, wurde die Reise jedoch auch aus nicht völlig untergeordneten privaten Motiven unternommen, kommt eine steuerliche Berücksichtigung der beruflich veranlassten Reisekosten auch nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats vom 21.9.2009 (GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672) nur dann in Betracht, wenn die Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge enthält, die jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung sind.
2) Enthält jeder Programmpunkt der Studienreise eine untrennbare Verbindung von beruflichen und privaten Gesichtspunkten, scheidet eine steuerliche Berücksichtigung anteiliger beruflich veranlasster Reiseaufwendungen auch im Wege der Schätzung aus (Bestätigung BMF-Schreiben v. 6.7.2010, BStBl. I 2010, 614 Rz. 18).
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1 S. 2, § 19 Abs. 1, § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufwendungen für eine Studienreise in die USA bei einer Englischlehrerin als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden können.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2005 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Ehefrau ist Lehrerin und unterrichtet die Fächer Sport und Englisch an einem Gymnasium.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 machte die Ehefrau Aufwendungen für eine Rundreise in die Neuenglandstaaten der USA (Boston – New York – Philadelphia – Washington, D.C.) in Höhe von (zunächst) EUR 3.331 als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Die Reise, die von der E-Gesellschaft organisiert und unter der Überschrift „Amerikanische Geschichte” verbucht wurde, fand in den Osterferien in der Zeit vom 20.03. bis 27.03.2005 statt. Die E-Gesellschaft organisiert insbesondere Fortbildungen für Englischlehrer. Der Reisepreis betrug EUR 1.750. Der Programmablauf stellte sich wie folgt dar:
Datum |
Ort |
Programm |
20.03.2005 |
Boston |
Flug, Ankunft Boston, Rundgang durch die Stadt Übernachtung in Boston |
21.03.2005 |
Boston |
Rundgang Freedom Trail Harvard University, Orientation walkÜbernachtung Boston |
22.03.2005 |
New York |
JFK Library and Museum in Boston, Ausstellung zur Person und Wirken Kennedys, Dokumentensammlung und zeitgeschichtliche Dokumentation, Fahrt nach New York, Rundgang in New York: Times Square Übernachtung YMCA New York |
23.03.2005 |
New York |
Ellis Island, Besuch des Einwanderermuseums, Fahrt zur Freiheitsstatue, Wall Street, UNO-Tour Übernachtung YMCA New York |
24.03.2005 |
Philadelphia |
Fahrt nach Washington, D.C. mit Halt in Philadelphia, Independence Hall, Ort der Verabschiedung der Unabhängigkeitserklärung, Liberty Bell, Franklin Court, Museum, Wohnort von Benjamin Franklin Übernachtung Washington, D.C. |
25.03.2005 |
Washington, D.C. |
Besuch im Indianermuseum, Besichtigung Woodrow Wilson House, Museum Übernachtung Washington, D.C. |
26.03.2005 |
Washington, D.C. |
Vormittag zur freien Verfügung, Abflug nach Deutschland |
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf eine zur Gerichtsakte (Bl. 45, 46) gereichte ausführliche Darstellung des Besuchsprogramms.
In den Informationen zum Programmablauf wies der Veranstalter darauf hin, dass Besuche historisch bedeutsamer Einrichtungen sowie verschiedener politischer Institutionen und gesellschaftlicher Organisationen im Vordergrund der Reise stünden. Gespräche mit Fachleuten in den USA und Besuche wichtiger Museen würden das Programm bereichern. Als Teilnehmerkreis wurden angesprochen Lehrerinnen und Lehrer der Fachrichtungen Englisch, Geschichte, Sozialkunde und PW/PB. Englische Sprachkenntnisse seien zwar von Vorteil, jedoch nicht dringend erforderlich. Ein Reiseleiter würde das Gesagte zusammenfassen. Nach Angaben der Kläger – eine Teilnehmerliste konnte nicht vorgelegt werden – nahmen an der Reise ca. 25 Personen teil, die alle im Schuldienst tätig waren, zum Teil auch Fachleiter für das Fach Englisch bzw. Schulkoordinatoren.
In den Einkommensteuerbescheiden für 2005 vom 27.06.2007, 24.07.2007 und 20.02.2008 erkannte der Beklagte die Aufwendungen für die Reise in die USA nicht als Werbungskosten an. Zur Begründung führte er an, bei der Reise seien Ziele aufgesucht worden, die auch bei einer rein touristisch geprägten Reise Anlaufpunkte wären. Eine private Mitveranlassung der Studienreise sei nicht auszuschließen.
Der Einspruch blieb erfolglos. In der Teil-Einspruchsentscheidung vom 17.07.2008 – die Steuerfestsetzung des Jahres 2005 war noch wegen anderer Punkte streitig – erläuterte der Beklagte, eine Studienreise sei dann nicht durch die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst, wenn hierdurch ein allgemein touristisches Interesse befriedigt werde, sofern der touristische Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung sei. Sofern ein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit nicht gegeben sei, müsste die private oder betriebliche/berufliche Veranlass...