Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuerliche Einordnung eines Pickup als PKW, verkehrsbehördliche Einordnung, Fahrzeugklassifikation des Herstellers, Beurteilung Kraftfahrtbundesamt

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Pickup-Fahrzeug, dessen Ladefläche oder Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht,

ist nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt und daher kraftfahrzeugsteuerlich als PKW einzustufen. Der weitere Einbau einer Druckluftbeschaffungsanlage nebst entsprechenden Bremsen und einer Anhängevorrichtung zur Aufnahme eines Sattelanhängers beeinflussen die Einordnung als PKW in diesem Fall nicht.

2) Die verkehrsbehördliche Einordnung eines Fahrzeugs als LKW oder PKW ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht maßgeblich. Auch die Fahrzeugklassifikation des Herstellers und die darauf beruhende Beurteilung durch das Kraftfahrtbundesamt hat keine kraftfahrzeugsteuerliche Wirkung.

 

Normenkette

KraftStG § 10 Abs. 2; KraftStDV § 6; KraftStG § 2 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.10.2014; Aktenzeichen II B 111/13)

BFH (Beschluss vom 22.10.2014; Aktenzeichen II B 111/13)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Halterin eines Dodge RAM 2500 mit dem amtlichen Kenzeichen XX-YY 01. Das mit einer Fahrgastkabine und einer offenen Ladefläche ausgestattete Fahrzeug wurde am 15.08.2004 erstmals zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen. Es verfügt über eine Höchstgeschwindigkeit von 171 km/h und ist mit einem Dieselmotor mit 5.880 ccm Hubraum ausgestattet. Das Leergewicht liegt bei 3.380 kg. Das zulässige Gesamtgewicht beträgt 4.483 kg. Im Kraftfahrzeugschein sind sechs Sitzplätze eingetragen. Das Fahrzeug ist zu einem sogenannten „Mini-Sattelzug” umgebaut worden. Dies bedeutet, dass im Bereich der offenen Ladefläche ein Sattelzapfen zur Aufnahme eines Sattelzuganhängers eingebaut worden ist. Ferner ist das Fahrzeug mit einer Druckluftbeschaffungsanlage und entsprechenden Bremsen ausgestattet. Das maximale Gewicht des gesamten „Mini-Sattelzugs” beläuft sich auf 9.000 kg. Zulassungsrechtlich ist das Fahrzeug als LKW offener Kasten eingestuft.

Mit Bescheid vom 22.08.2011 setzte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer auf jährlich 946 EUR fest. Die Besteuerung erfolgte nach § 8 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2a Buchst. bb KraftStG nach Hubraum und Schadstoffausstoß des Fahrzeugs.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Mit diesem beantragte sie für das Fahrzeug die Gewichtsbesteuerung als Lkw offener Kasten. Bei dem Fahrzeug handele es sich nicht um einen Pkw. Die Sitzplätze in der Kabine seien nur Notsitze. Mit der Druckluftbeschaffungsanlage und dem Einbau eines Sattelzapfens sei das Fahrzeug nachhaltig verändert worden. Es sei als Einheit mit dem Hänger und damit als Sattelzug zu betrachten. Der verwendete Motor sei typisch für Lkw. Auch die Beschaffenheit der Karosserie, die nicht selbsttragend, sondern, wie für Lkw typisch, auf einen Grundrahmen aufgesetzt sei, belege die Konzeption des Fahrzeuges zur Lastenbeförderung. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Sattelzapfen nur mit einem zusätzlich eingebrachten Hilfsrahmen habe eingebaut werden können.

Den Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 09.05.2012 zurück. Zur Begründung führte er aus: Es sei davon auszugehen, dass es sich um einen Pkw handele, weil das Fahrzeug mit sechs Sitzplätzen, von denen der Sitz zwischen Fahrer- und Beifahrer als Notsitz eingestuft werden könne, ausgestattet sei. Die Nutzlast von 1.103 kg sei mit 24,6 % des Fahrzeugleergewichts von 4.483 kg gering und entspreche maximal der eines typischen Pkw. Außerdem würde sich die verwendbare Zuladung bei gleichzeitigem Personentransport noch deutlich verringern. In Ansehung all dieser Merkmale könne es auch dahinstehen, ob die Ladefläche geringfügig größer oder gleichgroß sei, wie die der Personenbeförderung dienende Fläche. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Herstellerkonzeption die überwiegende Personenbeförderung indiziere. Der Dodge RAM werde vorwiegend in den Vereinigten Staaten verkauft. Diese Pick-up Fahrzeuge würden dort nicht nur als Nutzfahrzeuge gelten, sondern überwiegend auch als Freizeitauto oder gar als Statussymbol, was sich bereits in den Ausstattungslinien zeige. Die Bezeichnung Truck werde dort auch üblicherweise für Pkw verwendet. Auch spreche die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 172 km/h für einen Pkw. Trotz der Gesamtgröße werde das Erscheinungsbild des Fahrzeuges von der Doppelkabine geprägt. Auch dies spreche für eine Konzeption als Pkw. Das Fahrzeug sei auch nicht als Zugmaschine zu beurteilen, da es seiner Bauart und Ausstattung nach nicht ausschließlich oder überwiegend zur Fortbewegung von Lasten und zum Ziehen von Anhängern bestimmt sei.

Mit der fristgerecht erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiter die Besteuerung des Fahrzeugs nach Gewicht. Zur Begründung führt sie ergänzend aus: Das Finanzamt (FA) Neubrandenburg habe das Fahrzeug im Rahmen einer früheren Zulassung als Lkw eingestuft....

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