Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung des Soli in 2002 jedenfalls noch verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Solidaritätszuschlaggesetz v. 23.6.1993 in der für das Jahr 2002 geltenden Fassung ist formell und materiell verfassungsgemäß.
2) Der Solidaritätszuschlag ist keine verfassungswidrige Sonderabgabe, sondern eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 Fall 1, Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG. Denn der Soli hat in Wirklichkeit keine vom Gesetzgeber ursprünglich angeführte Zweckbindung, sondern wird von allen erhoben, die einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig sind, und dient allein der Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben. Bei der Einführung des Soli hat sich der Gesetzgeber in dem ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum zur Schaffung von Steuerquellen gehalten.
Normenkette
SolZG 2002 § 1 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für das Kalenderjahr 2002 (Streitjahr) verfassungsgemäß ist.
Die Kläger (Kl.) sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Mit zusammengefassten Bescheiden über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 12.09.2003 setzte der Beklagte (Bekl.) unter anderem den Solidaritätszuschlag für die Kl. für das Streitjahr auf … EUR fest.
Die Kl. legten gegen die Festsetzungen des Solidaritätszuschlags am 26.09.2003 Einsprüche ein, die der Bekl. mit Einspruchsentscheidung vom 03.11.2003 als unbegründet zurückwies.
Die Kl. haben am 27.11.2003 Klage erhoben.
Sie sind der Auffassung, der Solidaritätszuschlag, der seit dem Kalenderjahr 1991 fortlaufend erhoben werde, stelle spätestens ab dem Streitjahr eine verfassungswidrige Sondersteuer dar. Zwar sei der Staat berechtigt, zur Bewältigung von Notständen Sonderabgaben von kurzer Dauer zu erheben. Der Solidaritätszuschlag erfülle aber im Streitjahr nicht mehr den Tatbestand einer kurzfristigen Abgabe, weil er bezogen auf das Streitjahr bereits seit elf Jahren erhoben werde.
Die Kl. beantragen,
den Bescheid des beklagten Finanzamts für das Jahr 2002 vom 12.09.2003 in der Form der Einspruchsentscheidung des beklagten Finanzamts vom 03.11.2003 aufzuheben, soweit er den Solidaritätszuschlag für das Jahr 2002 betrifft.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für das Streitjahr sei verfassungsgemäß. Sie beruhe auf dem Solidaritätszuschlaggesetz (SolZG) vom 23.06.1993 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung. Dieses Gesetz sei – anders als die Rechtsgrundlage für den in den Kalenderjahren 1991 und 1992 erhobenen Solidaritätszuschlag – zeitlich nicht befristet. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe mehrere Verfassungsbeschwerden zur Verfassungsmäßigkeit des SolZG für die Veranlagungszeiträume 1991 und 1992 nicht zur Entscheidung angenommen. Zudem teile kein Vertreter im Schrifttum die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kl. Der Gesetzgeber habe zwar in der Gesetzesbegründung (vgl. Bundestags-Drucksache 12/4401, Seite 51) angekündigt, das weitere Erfordernis des Solidaritätszuschlags mittelfristig zu überprüfen. Angesichts des Zustands der öffentlichen Haushalte sei jedoch bereits damals absehbar gewesen, dass der Solidaritätszuschlag bis in das nächste Jahrzehnt hineinreichen werde.
Entscheidungsgründe
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist nicht begründet.
Der Bekl. hat in den angefochtenen zusammengefassten Bescheiden in nicht zu beanstandender Weise für die Kl. einen Solidaritätszuschlag für das Streitjahr von … EUR festgesetzt.
Nach §§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 1 SolZG wird von natürlichen Personen, die nach § 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einkommensteuerpflichtig sind, zur Einkommensteuer ein Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe erhoben. Dieser beträgt in den Fällen, in denen eine Veranlagung zur Einkommensteuer vorzunehmen ist, gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 4 Satz 1 SolZG 5,5 v. H. von der Einkommensteuer, die abweichend von § 2 Abs. 6 EStG unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG in allen Fällen des § 32 EStG festzusetzen wäre.
Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschriften sind im Streitfall erfüllt. Der Bekl. hat die Einkommensteuer der unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Kl. für das Streitjahr unter Berücksichtigung von zwei Kinderfreibeträgen gemäß § 32 Abs. 6 EStG von jeweils 5.808 EUR zu Recht auf … EUR festgesetzt. Unter Außerachtlassung des gezahlten Kindergeldes hat der Bekl. für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags zutreffend eine Bemessungsgrundlage von … EUR ermittelt und unter Anwendung des Zuschlagssatzes von 5,5 v. H. einen Solidaritätszuschlag für das Streitjahr von … EUR errechnet. Im Übrigen haben die Kl. keine Einwendungen gegen die konkrete Höhe des in den angefochtenen zusammengefassten Bescheiden festgesetzten S...