Revision eingelegt (BFH VIII R 56/14)
Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA: Gewinnmindernde Berücksichtigung von Zahlungen im Zusammenhang mit einer Praxisübernahme und einer Kassenzulassung
Leitsatz (redaktionell)
Zahlungen im Zusammenhang mit einer Praxisübernahme sind als Anschaffungskosten für das immaterielle Wirtschaftsgut „Vorteil aus der Vertragsarztzulassung“ über die Afa gewinnmindernd zu berücksichtigen, wenn die Zahlung nicht für die Übernahme des Patientenstammes geleistet wird, sondern dazu dienen soll, im Zulassungsverfahren die Chancen auf eine Vertragsarztzulassung gegenüber Dritten wesentlich zu erhöhen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Zahlung im Zusammenhang mit einer Praxisübernahme und einer Kassenzulassung sich als Absetzung für Abnutzung (AfA) für ein Wirtschaftsgut auf den Gewinn der Streitjahre 2005-2008 auswirkt.
Die Klägerin ist eine ärztliche Gemeinschaftspraxis in A, die in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) betrieben wird. Gesellschafter waren im Streitzeitraum ab 01.04.2005 X. und Y. Die GdbR ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung.
Ursprünglich waren Y und dessen Vater, M, in der Gemeinschaftspraxis tätig. Mit Ablauf des 31.03.2005 schied M aus. Die Beteiligten vereinbarten, dass zum 01.01.2005 Q als Partner in die Gemeinschaftspraxis eintritt und zum 31.03.2005 wieder ausscheidet. Ab 01.04.2005 trat X. als neuer Gesellschafter der GdbR in die Praxis ein.
In Bezug auf Q und den mit Beschluss vom 26.06.2014 zum Klageverfahren beigeladenen X. hatte diese Entwicklung folgenden Hintergrund:
Am 01.12.2004 schlossen Q als Verkäufer und X. (geb. 1960) als Erwerber einen Praxisübernahmevertrag. Die Präambel dieses Vertrags enthielt folgende Ausführungen:
„(1) Der Verkäufer betreibt in […] C. eine privatärztliche und vertragsärztliche (kassenärztliche) Allgemeinarztpraxis. Der Verkäufer wird seine niedergelassene Tätigkeit am Standort C. zum 31.12.2004 beenden. Mit Wirkung ab 01.01.2005 wird er seinen Kassenarztsitz nach […] A […] verlegen [und] mit den fachärztlichen Internisten Dres. Y/M eine Gemeinschaftspraxis eingehen. Der Erwerber übernimmt die vertragsärztliche Praxis bzw. den Anteil an der Gemeinschaftspraxis des Verkäufers zur eigenen selbständigen Berufsausübung ab 01.04.2005. Hierzu ist ein Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 SGB V durchzuführen. […].
(2) Die Vertragsparteien verpflichten sich gegenseitig zu enger und kollegialer Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Praxisübernahme reibungslos und zum Wohle der Patienten abzuwickeln […]“
Der Erwerber erwarb gemäß § 1 des Praxisübernahmevertrags vom Verkäufer keine Praxiseinrichtung, also weder Wirtschaftsgüter des Anlage- noch des Umlaufvermögens. Er übernahm auch keine Verträge, wie z.B. Praxismietvertrag, Arbeitsverträge, Versicherungsverträge, Lieferverträge und sonstige praxisbezogene Dauerschuldverhältnisse. Der Erwerber sollte den Patientenstamm und damit den ideellen Wert der Vertrags- und Privatarztpraxis ohne die Patientenkartei erwerben. Die Patientenkartei sollte gemäß § 2 des Praxisübernahmevertrags beim Verkäufer verbleiben. Erst mit Zustimmung der Patienten sollte der Verkäufer dem Käufer patientenbezogene Karteien und Krankenunterlagen überlassen.
Zum Kaufpreis traf § 3 des Praxisübernahmevertrags folgende Regelung:
„Kaufpreis
(1) Der Kaufpreis für den Patientenstamm einschließlich der Patientenkartei beträgt 50.000 € […].
(2) Der Kaufpreis ist am Tage der Praxisübergabe bzw., soweit die Rechtskraft der Zulassung des Erwerbers zur vertragsärztlichen Versorgung als Nachfolger des Verkäufers später eintritt, zu diesem Zeitpunkt zur Zahlung fällig. […]“
Der Praxisübernahmevertrag enthielt in § 4 zudem eine umfassende Regelung zur vertragsärztlichen Nachbesetzung:
„§ 4 Vertragsärztliche Nachbesetzung
(1) Die Übertragung der Praxis erfolgt unter der Voraussetzung, dass der Erwerber den Vertragsarztsitz des Verkäufers tatsächlich erhält. Der Planungsbereich der Praxis ist für Allgemeinärzte gesperrtes Gebiet im Sinne von § 103 SGB V. Den Vertragsparteien ist bewusst, dass die Praxisübernahme nur realisiert werden kann, wenn der Verkäufer auf seine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit verzichtet und der Erwerber in der Nachfolge des Verkäufers zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wird (Nachbesetzungsverfahren, § 103 SGB V); es sei denn, die einer Zulassung des Erwerbers hinderlichen gesetzlichen Regelungen (§§ 99 – 104 SGB V) oder die für den Planungsbereich festgelegte Zulassungssperre würden bis zum Übergabetermin entfallen; in diesem Fall beantragt der Erwerber eine neue originäre Zulassung und übernimmt die Praxis ohne Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens. In Kenntnis dieser Sach- und Rechtslage verpflichten sich die Parteien, in gegenseitiger Abstimmung alle erforderlichen und sachdienlichen tatsächlichen und rechtlichen Schritte zu unternehmen, die eine...