Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachversteuerung von Verlustabzugsbeträgen des Erblassers durch den Erben als Gesamtrechtsnachfolger
Leitsatz (redaktionell)
Die Hinzurechnungsbesteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG ist nicht unlösbar an den Steuerpflichtigen, der die Steuerbegünstigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG in Anspruch genommen hat, gebunden. Denn mit der Hinzurechnung wird ein Steueranspruch des Steuergläubigers aus einem (vorläufigen) Steuervorteil realisiert, der nach dem Willen des Gesetzgebers dem Erblasser außerhalb des inländischen Besteuerungsrechts lediglich vorübergehend bis zur Erzielung von positiven Beträgen aus den Betriebsstätten des betreffenden Staates in der Form einer Steuerstundung gewährt wurde. Diese Verpflichtung des Erblassers geht im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über.
Normenkette
AIG § 2 Abs. 1 S. 3; EStG § 2a Abs. 3 S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist noch die Nachversteuerung von Verlustabzugsbeträgen des Erblassers gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG (bzw. der Nachfolgevorschrift § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG) durch den Erben als Gesamtrechtsnachfolger.
Die Kläger wurden im Streitjahr 1986 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger ist an der Firma A KG (A) beteiligt. Die A ist eine geschäftsleitende Holding mehrerer gewerblich tätiger Gesellschaften unterschiedlicher Rechtsformen. Der Kläger ist sowohl mittelbar über die A als auch unmittelbar an der Betriebsstätte der B GmbH & atypisch stille Gesellschaft in den USA beteiligt. Der zum 31.12.1981 verbliebene ausländische Verlust i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG des Klägers aus dieser Beteiligung belief sich auf 5.374 DM. Die Hinzurechnungsbeträge 1986 des Klägers nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG aus dieser Betriebsstätte wurden letztmals unmittelbar im Bescheid vom 18.05.1998 i.H.v. 565 DM und mittelbar über die A im Bescheid vom 11.01.1998 i.H.v. 229 DM gesondert und einheitlich ausgewiesen.
Der Kläger ist zu 1/5 Miterbe seines am 06.11.1982 verstorbenen Vaters, C. Dieser hatte aus der Betriebsstätte in den USA einen Verlustabzug nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG i.H.v. insgesamt 8.370 DM in Anspruch genommen. Davon wurde dem Kläger im Jahr 1982 im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge ein Anteil des verbliebenen ausländischen Verlustes i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG von 1.674 DM zugerechnet, woraus sich ein Verlustabzugsbetrag von insgesamt 7.048 DM ergab. Nach Hinzurechnung von 432 DM verblieb zum 31.12.1982 ein Verlustabzug von 6.615 DM. Im Streitjahr betrug der Hinzurechnungsbetrag nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG 795 DM. Bei einem Verlustabzugsbetrag zum 31.12.1985 von 1.135 DM verblieb danach zum 31.12.1986 noch ein Verlustabzug von 340 DM.
Der Einkommensteuerbescheid 1986 vom 28.06.1988 wurde wiederholt nach § 164 Abs. 2 AO geändert. Gegen den Änderungsbescheid vom 10.06.1998 legten die Kläger Einspruch ein. Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens ergingen weitere Änderungsbescheide. Mit Einspruchsentscheidung vom 09.07.2004 wies das Finanzamt den Einspruch gegen den angefochtenen Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheids vom 18.06.2002 als unbegründet zurück.
Dagegen haben die Kläger Klage eingelegt.
Die Klage wurde zunächst u.a. mit der Unzulässigkeit des zweistufigen Feststellungsverfahrens bei doppelstöckigen Personengesellschaften und den daraus resultierenden Folgen hinsichtlich der Anwendung der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, der Verjährung von Folgesteuern nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO und der Bestimmtheit des Grundlagenbescheids für die A begründet.
Die Klage beschränkt sich nunmehr auf die Vererblichkeit der Nachversteuerungspflicht des Erblassers gemäß § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG a.F. bzw. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG im Hinblick auf die Entscheidung des BFH vom 17.12.2007 zum Übergang des Verlustvortrags auf den Erben nach § 10d EStG. Höchstpersönliche Verhältnisse und unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpfte Umstände gingen bereits nach allgemein anerkannten Grundsätzen weder im Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Satz 1 AO noch im Anwendungsbereich des Bürgerlichen Rechts auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger über.
Die isolierte Auslegung des § 2a Abs. 3 EStG a.F. bzw. des § 2 Abs. 1 AIG ergebe keinen zwingenden Schluss auf eine Vererblichkeit der in § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG a.F. bzw. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG normierten Nachversteuerungspflicht. Diese Vorschriften gewährten einem Steuerpflichtigen lediglich die Ausgleichs- und Abzugsmöglichkeit von ausländischen DBA-Betriebsstättenverlusten sowie die Hinzurechnung der im Inland berücksichtigten Verlustbeträge. Ihnen sei keine Aussage zur Zulässigkeit eines interpersonellen Verlustabzugsausgleiches durch Übergang dieser Nachversteuerungspflicht auf einen Rechtsnachfolger zu entnehmen.
Unerheblich sei dabei, ob der potenziellen Nachversteuerungspflicht dem Grunde nach ein wirtschaftlicher - im Streitfall negativer - Vermögenswert zukomme. Denn ein solcher begründe nach dem Rechtsverständnis...