Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Kindergeldanspruch bei auswärtiger Unterbringung des Kindes. Haushaltsaufnahme bei auswärtig untergebrachten Studenten. Kindergeldstreitigkeiten
Leitsatz (redaktionell)
Eine auswärtige Unterbringung des Kindes (z. B. zu Studienzwecken) steht einer „Haushaltsaufnahme” i.S.d. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG jedenfalls dann nicht entgegen, wenn ein regelmäßiger Aufenthalt in der Familienwohnung weiterhin möglich ist und auch praktiziert wird sowie zum Zeitpunkt des Beginns der auswärtigen Unterbringung bei prognostischer Betrachtung ein Rückkehrwille des Kindes in den Haushalt erkennbar ist
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2 S. 1, Abs. 1, § 70 Abs. 2, § 64 Abs. 3
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Bescheides, mit welchem dem Kläger Kindergeld für seinen Sohn bewilligt worden war.
Der Kläger beantragte am 3. Januar 1996 Kindergeld für seinen am 18. Februar 1974 geborenen Sohn J. P. sowie seine Tochter… und gab hierzu an, seine Ehe mit der leiblichen Mutter der Kinder, der Beigeladenen des vorliegenden Verfahrens, sei im Jahre 1978 geschieden worden. Die Beigeladene beziehe seit der Scheidung fortlaufend von der Bezirksregierung … Kindergeld, sie wohne in … Sein Sohn studiere seit 1993 bis auf weiteres in … Psychologie. Beide Elternteile seien unterhaltspflichtig, wobei er mit 652,50 DM monatlich den größeren Anteil zu tragen habe. Nachdem die Beigeladene die Angaben des Klägers zur Höhe der Unterhaltszahlungen schriftlich bestätigt und die Bezirksregierung … unter dem 28. Februar 1996 mitgeteilt hätte, die Beigeladene habe bis März 1996 Kindergeld bezogen, bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. April 1996 die Gewährung von Kindergeld für die Zeit vom 1. April 1996 bis 30. September 1998.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 1996 teilte die Bezirksregierung … dem Beklagten mit, daß die Kindergeldzahlung für das Kind … für die Zeit ab April 1996 wegen der Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Beigeladenen wiederaufgenommen werde.
Durch Bescheid vom 5. November 1996 hob der Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind … mit Ablauf des Monats November 1996 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf, weil das Kind in den Haushalt der Beigeladenen aufgenommen und ihr deshalb nach § 64 EStG das Kindergeld zu gewähren sei.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 7. November 1996 mit der Begründung Einspruch ein, sein Sohn sei nicht in den Haushalt der Mutter aufgenommen.
Durch Einspruchsbescheid vom 13. Dezember 1996 wies der Beklagte den Rechtsbehelf als unbegründet zurück. Auf die Aktenausfertigung (Bl. 43 ff. der Arbeitsamts-Akte) wird verwiesen.
Mit der Klage macht der Kläger geltend, es sei nicht zutreffend, daß sein Sohn in den Haushalt der Beigeladenen aufgenommen sei und daß er nach Abschluß des Studiums dorthin zurückkehren werde. Er wohne vielmehr zusammen mit seiner Freundin im … 5 in … und werde nach Abschluß des Studiums entweder promovieren oder am Arbeitsplatz seiner Wahl wohnen. Seine Semesterferien seien mit Praktika und Übungen und der Anfertigung der Diplomarbeit ausgefüllt. Er besuche seine Mutter zweimal im Jahr für drei Tage. Ein örtlich gebundenes Zusammenleben mit der Beigeladenen und eine persönliche Versorgung und Betreuung fänden nicht statt, die auswärtige Unterbringung sei nicht nur vorübergehender Natur.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 5. November 1996 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 13. Dezember 1996 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Begründung des Einspruchsbescheids.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie äußert sich zur Sache. Auf die schriftliche Stellungnahme vom 15. Juni 1998 (Bl. 57 FG-Akte) wird verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob der Sohn des Klägers, …, in den Haushalt der Beigeladenen aufgenommen ist, durch Vernehmung des … Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage durch den Zeugen (Bl. 61, 62 FG-Akte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Beklagte hat zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid die Bewilligung des Kindergeldes für die Zeit ab 1. Dezember 1996 aufgehoben, die für den Zeitraum vom 1. April 1996 bis 30. September 1998 durch den Festsetzungsbescheid vom 9. April 1996 erfolgt war.
Soweit in den Verhältnissen, die für die Zahlung des Kindergeldes erheblich sind, Änderungen eintreten, ist gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes –EStG– die Festsetzung des Kindergeldes vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall erfüllt. Dem Kläger steht – jedenfalls mit Ablauf des Monats November 1996 – Kindergeld für seinen Sohn … nicht mehr zu.
Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld bezahlt. Abs. 2 Satz 1 dieser Norm bestimmt, daß bei mehreren Be...