Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkender Wegfall des Sonderausgabenabzugs für Nachzahlungszinsen verfassungsgemäß. Keine Kürzung des Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen bei Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer
Leitsatz (amtlich)
Es ist im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass durch das Steuerentlastungsgesetz1999/2000/2002 der Sonderausgabenabzug für Zinsen auf Steuernachforderungen ab dem Veranlagungszeitraum 1999 weggefallen ist. (Rev. zugelassen)
Der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH ist nicht nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 10 c Abs. 3 Nr. 2 EStG zu kürzen, wenn die GmbH ihm eine Pensionszusage erteilt hat (Anschluss an BFH-Urteil vom 16.10.2002 XI R 25/01).
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 3; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 2 S. 2 lit. a, § 10c Abs. 3 Nr. 2, § 11; StEntlG 1999/2000/2002 § 233a
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben sowie die Kürzung des Vorwegabzugs bei den Vorsorgeaufwendungen.
Der Kläger erzielt mit dem Betrieb eines Zimmereigeschäfts Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Daneben ist er als Geschäftsführer der Firma W Bauträger GmbH nichtselbständig tätig. Diese Gesellschaft, an der er zu 6 v.H. beteiligt ist, hat dem Kläger eine Pensionszusage erteilt. Des Weiteren ist der Kläger Gesellschafter der W Holding GmbH mit einer Beteiligung von im Streitjahr 75,2 v.H..
Im Mai 1997 begann das Finanzamt mit einer Betriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1995, die im Mai 1998 beendet wurde. Die Schlussbesprechung fand am 24. September 1998 statt. Für das Jahr 1992 ergab sich eine Nachforderung zur Einkommensteuer in Höhe von rund 100.000 DM. Der Betriebsprüfungsbericht wurde unter dem 24. Juni 1999 erstellt, nachdem der Kläger Einwendungen insbesondere im Hinblick auf die Ermittlungen der Betriebsprüfung im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben aus dem Jahre 1993 erhoben hatte. Die geänderten - bestandskräftig gewordenen - Einkommensteuerbescheide für 1991 und 1992 ergingen am 29. September 1999, geänderte Bescheide auf den 1. Januar 1991, auf den 1. Januar 1992 und auf den 1. Januar 1993 über Vermögensteuer erließ das Finanzamt am 20. Oktober 1999. Darin wurden nach § 233 a Abgabenordnung (AO) - unter Berücksichtigung der Rückzahlung einer Erstattung - Nachzahlungszinsen zur Einkommensteuer 1992 in Höhe von 24.216,00 DM festgesetzt und zum 2. November 1999 fällig gestellt. Die zu zahlenden Zinsen zur Vermögensteuer beliefen sich danach auf insgesamt 3.168 DM und waren am 23. November 1999 fällig. Der Kläger entrichtete diese Beträge am 31. Dezember 1999.
Bei seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 machte der Kläger den Betrag von 24.216,00 DM als Sonderausgaben geltend. Im Einkommensteuerbescheid vom 29. Januar 2001 lehnte das Finanzamt unter Hinweis darauf, dass § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zum 1. Januar 1999 aufgehoben worden war, die Berücksichtigung der gezahlten Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben ab und erfasste andererseits Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 1991, 1996 und 1997 in Höhe von 18.452 DM als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Erstattungs- und Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer, die im Streitjahr entstanden waren, wurden im Rahmen der Gewinnermittlung des Klägers nicht berücksichtigt. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb im Wesentlichen - mit Ausnahme der in 1999 entstandenen Forderungen und Rückstellungen an Zinsen zur Umsatzsteuer - erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 10. September 2001).
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Die Zinsen rührten aus einer im Mai 1997 begonnenen Betriebsprüfung für die Jahre 1991 bis 1995, die im Mai 1998 beendet worden sei. Der Betriebsprüfungsbericht sei erst am 24. Juni 1999, also mehr als 1 Jahr später, und die daraufhin geänderten Bescheide seien nach Ablauf weiterer 3 Monate ergangen. Bis zum 1. Januar 1999 hätten Nachzahlungszinsen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a.F. als Sonderausgaben abgezogen werden können. Diese Vorschrift sei durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 rückwirkend zum 1. Januar 1999 ersatzlos aufgehoben worden. Ein Abzug der Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben sei nicht mehr möglich. Da eine Übergangsregelung nicht geschaffen worden sei, seien auch Zinsen vom Abzugsverbot erfasst, die für Zeiträume vor dem 1. Januar 1999 zu zahlen seien. Dadurch sei er im Ergebnis steuerlich wesentlich höher belastet, als dies bis zur Gesetzesänderung der Fall gewesen sei. Dabei wachse die effektive Belastung bei Steuerpflichtigen, die den Spitzensteuersatz zu zahlen hätten auf mehr als das Doppelte an. Im Ergebnis sei damit nachträglich ein höherer Zinssatz auf vor dem 1. Januar 1999 liegende Zeiträume eingeführt worden, weil durch die zuvor geltende Regelung auf Grund der Möglichkeit des Sonderausgabenabzugs der effektive Zins wesentlich niedriger gewesen sei als ...